Fluglärm und gesundheitliche Folgen
Nr. 1 Gesundheitliche Beeinträchtigungen generell
Nr. 2 Nachtfluglärm - Gesundheitliche folgen
Nr. 3 Gesundheitliche Beeinträchtigungen bei Kindern
Nr. 4 Fluglärm - erhöhter Medikamentengebrauch
Nr. 5 Schadstoffbelastung durch Flugzeugabgase
Nr. 6 Radarstrahlung an Flughäfen
Nr. 7 Fuel Dumping Treibstoffablassen
Nr. 8 Belastung der Natur durch Flugzeugabgase
Presseauswahl
7. Juni 2021, Süddeutsche Zeitung
Bürgerverein fordert schwefelarmes Kerosin
Umweltminister Thorsten Glauber sieht darin eine Option für eine Übergangszeit
Von Petra Schnirch, Freising
Postkarten aus Freising haben zu Jahresbeginn alle bayerischen Landtagsabgeordneten bekommen - allerdings nicht mit schönen Stadtansichten, sondern mit Informationen über schwefelarmes Kerosin. Absender war der Bürgerverein Freising. Die Bürgerinitiative fordert den Einsatz schwefelarmen Treibstoffs am Flughafen und dringt auf eine schnelle Lösung. Denn damit ließe sich der Ausstoß ultrafeiner Partikel wesentlich reduzieren, heißt es in einer Pressemitteilung. Inzwischen haben die Aktivisten Antwort von Staatskanzlei-Chef Florian Herrmann (CSU) und Umweltminister Thorsten Glauber (FW) bekommen.
Beide versichern, dass die Politik das Thema klimaneutraler und möglichst schaffstofffreier Flugverkehr auf der Agenda habe, und sie verweisen auf die Arbeitsgruppe "Clean Tech in der Luftfahrt", die gemeinsam mit Vertretern aus Wissenschaft und Wirtschaft rasch die Voraussetzungen für neue Treibstofftechnologien schaffen wolle. Für eine Übergangszeit, bis zum Einsatz schwefelfreier E-Fuels, wäre schwefelarmes Kerosin eine Option, so Glauber weiter. Er werde sich deshalb an Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) wenden und ihn bitten, sich auf internationaler Ebene für die Reduzierung des Schwefelanteils einzusetzen. Schon jetzt sei das Kerosin, das am Flughafen München eingesetzt werde, mit 100 bis 600 ppm (parts per million) Schwefelgehalt erfreulicherweise weit unterhalb des zulässigen Schwellenwerts von 3000 ppm.
Dem Bürgerverein geht das nicht weit genug. Er dankt Glauber "für seine klaren Feststellungen", fügt aber hinzu: "Leider ist zu erwarten, dass die Umsetzung Jahre in Anspruch nehmen wird". Deshalb setzen sich die Freisinger für kurzfristige, lokale Lösungen ein. Sie berufen sich auf Expertenangaben, denen zufolge im Jahr 2030 erst zwei Prozent des benötigten Kerosins durch E-Fuel ersetzt werden könnten. Deshalb sei es "dringend geboten", den Schwefelgehalt auf Werte von unter zehn ppm zu reduzieren, bei Benzin und Diesel sei das seit über 15 Jahren die Regel.
Die Entschwefelung fossiler Kraftstoffe birgt nach Einschätzung des Bürgervereins erhebliches Potenzial zur Reduzierung ultrafeiner Partikel. Das zeige das Beispiel London: Mit dem Einsatz von schwefelarmen Diesel und Benzin sei die Konzentration ultrafeiner Partikel im Stadtgebiet um mehr als 30 Prozent gesunken.
Da der Schwefelanteil im Kerosin nur durch eine Obergrenze ohne die Angabe eines Mindestanteils geregelt sei, stehe es Flughafenbetreibern frei, "schon heute entschwefeltes Kerosin bei den Raffinerien zu bestellen", so der Bürgerverein weiter. Die geschätzten Mehrkosten lägen bei zwei bis drei Prozent und würden ein Ticket von München nach Hamburg um rund 50 Cent verteuern - "vernachlässigbare Kosten für ein Mehr an gesunder Luft", meint die Bürgerinitiative. Auch die Technik sei vorhanden - einer kurzfristigen Umsetzung stünde nichts im Weg.
Der Verein hofft, breite Unterstützung bei den politisch Verantwortlichen den Flughafenbetreibern zu finden. Gerade im Umfeld von Flughäfen entstünden "durch den ungefilterten Abbrand großer Mengen Kerosins" hohe Konzentrationen an giftigem Ultrafeinstaub.
20210607_Bürgerverein_fordert_schwefelarmes_Kerosin_Süddeutsche_Zeitung.pdf
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Stern 29.4.2014 - "An Lärm kann man sich nicht gewöhnen"
"Auch wenn das so mancher meint: An Lärm kann man sich nicht gewöhnen", betont Prof. Stefan Kääb, Leitender Oberarzt am Klinikum der Universität München. Bei Erwachsenen werde vor allem das Herz-Kreislauf-System, bei Kindern die Leistungsfähigkeit des Gehirns beeinflusst. Der Tag gegen Lärm am 30. April soll Bevölkerung und Entscheider stärker für das Problem sensibilisieren.
Zwar seien sowohl Autos als auch Flugzeuge in den vergangenen Jahren leiser geworden, sagt Prof. Rainer Guski, Umweltpsychologe an der Ruhr-Universität Bochum. "Das Aufkommen aber ist deutlich gewachsen." Das subjektive Empfinden von Menschen, dass ihre Umgebung lauter geworden sei, gehe oft auf dieses Mehr an Fahr- oder Flugzeugen zurück. "Es gibt weniger Pausen zwischen den Spitzen."
...Je länger ein Mensch in zu lauter Umgebung lebe, desto größer werde sein Risiko für gesundheitliche Probleme. Viele Betroffene und auch Mediziner hätten Lärm als mögliche Krankheitsursache noch nicht präsent. "Ein Arzt sollte auch fragen: Wo leben Sie, wie stark sind Sie Lärm ausgesetzt?"
Bei Kindern wurden in den vergangenen Jahren verschiedene Auswirkungen von Dauerlärm auf die Hirnfunktion gezeigt. Eine Studie mit neun bis zehn Jahre alten Kindern aus europäischen Ländern wies darauf hin, dass sich deren Lernfähigkeit und Gedächtnisfunktion verschlechtern, wenn die Schulen in einem mit Fluglärm belasteten Gebiet liegen. "Bei lauter Umgebung bekommen Kinder nicht nur weniger mit, sie behalten auch weniger", heißt es in einer Information des Helmholtz Zentrums München.
...In der sogenannten Norah-Studie untersucht Guskis Team derzeit die Auswirkungen des Lärms von Flug-, Schienen- und Straßenverkehr auf die Gesundheit und Lebensqualität der Anwohner. Fluglärm werde bei vergleichbarem Schallpegel immer als störender wahrgenommen, sagt er. Der gemittelte Dauerschallpegel sei oft keine geeignete Messgröße - vor allem für Schlafforscher. "Da ist er völlig uninteressant, es kommt nachts auf die einzelnen Lärmereignisse an.""
radioBerlin 88,8 09.04.2014 - "Gerade der Lärm in der Nacht ist der schädlichste"- Henning Thole von "Ärzte gegen Fluglärm" im Interview
"Die Berliner SPD sagt: "Wir wollen 0 bis 5 Uhr". Wie stehen Ihre Chancen auf die Politik in Ihrem Sinne einzuwirken?
Ich fürchte schlecht, weil die Politik sich in zwei Anhörungen gar nicht bewegt hat. Die Politik müsste auf die Argumente der Ärzte eingehen und sagen, wenn wir das berechnen mit dem Nachtflugverbot, müssen wir auch die Schadenskosten miteinberechnen, die an Gesundheitsschäden tatsächlich entstehen."
Pressemitteilung bundesweiter Arbeitskreis "Ärzte gegen Fluglärm" 20.1.2014 - Gesundheits-schutz muss Hauptbestandteil im Luftverkehrskonzept werden
"Die geforderte Diskussion der wirtschaftlichen Bedeutung der Luftverkehrswirtschaft muss Krankheitskosten und entstehende Wertminderungen an Wohnobjekten und letztlich den Verlust an Lebensqualität der Bürger berücksichtigen. Nur dann kann überhaupt Ansatzweise über finanzielle Effekte des Flugverkehrs diskutiert werden. Eine Betrachtung der Wirtschaftlichkeit ohne Berücksichtigung aller Kosten und Effekte wäre schlicht falsch."
Prof. Dr. med. Hans Behrbohm 2011 - Flugverkehr & Gesundheit - Gesundheitsschäden durch Fluglärm, Schadstoffe & Feinstaub, Einfluß auf Stadtklima und Ökosysteme
Pressemitteilung der Bundesvereinigung gegen Fluglärm 7.10.2013 - Die Krankheitskosten des Nachtflugs in Köln/Bonn - Ergebnisse eines Gutachtens zu sozialen und ökonomischen Folgen nächtlichen Fluglärms im Umfeld des Flughafens Köln-Bonn
"Nimmt man für die kommenden zehn Jahre ein vergleichbares Gewinn-Verlust-Verhältnis bei ansonsten ähnlichen Rahmenbedingungen an, dann würde jeder Gewinn des Flughafens in Höhe von 1 Million € erkauft werden durch:
- ca. 7,8 Millionen Euro Krankheitskosten,
- ca. 314 verlorene Lebensjahre,
- ca. 106 Krankheitsfälle"
Wiesbadener Kurier 2.7.2013 - Neue Studie in Mainz: Nachtfluglärm kann Gefäßschäden verursachen
"Nächtlicher Fluglärm kann schon bei gesunden Menschen zu Gefäßschäden, vermehrten Stresshormonen sowie verminderter Schlafqualität führen – mit drastischen Auswirkungen auf das Herz-Kreislauf-System. Zu diesem Ergebnis kommt eine neue Studie der II. Medizinischen Klinik und Poliklinik der Mainzer Uni-Medizin." Studie im Orginal (engl.)
FR-online 9.4.2013 - Flughafen Frankfurt Fluglärm „Das Ohr schläft nie“
"Wenn sie (Anm.:die Studie von Prof. Greiser) zutrifft, dann bezahlen die Anwohner des Frankfurter Flughafens die nächtlichen Flüge mit dem höchsten Preis: ihrem Leben und ihrer Gesundheit. Bis 2021 werde es hier als Folge nächtlichen Fluglärms 3400 vorzeitige Todesfälle und zusätzliche Krankheitskosten von 1,6 Milliarden Euro geben, so seine Schätzung."