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"Rundflüge" über Teltow beenden (Beitrag von TGF)
Das Betriebskonzept des BER bietet durch die zwei parallelen unabhängig voneinander betreibbaren Pisten prinzipiell die Möglichkeit, den anfliegenden
Verkehr nach Anflugrichtung zu verteilen. Demnach sollten ursprünglich Flüge aus dem Norden auf der Nordpiste und Flüge aus dem Süden auf der Südpiste landen. Ebenso sollte der abfliegende Verkehr nach Abflugrichtung auf die jeweilige Piste verteilt werden. Flüge mit Ziel im Norden sollten auf der Nordpiste starten und Flüge mit einem Ziel im Süden sollten auf der Südpiste starten.
Im Zuge der Vorfeld-, Terminal und Gate-Konzeption hat die FBB ein abweichendes Verfahren eingeführt. Es wurde eine sogenannte "virtuelle Barriere" auf dem Vorfeld des Flughafens eingeführt. Dies führt zur Abkehr einer Verteilung von An- und Abflügen nach ihrer An-/Abflugrichtung auf die beiden Pisten hin zu einer Verteilung nach Parkposition auf dem BER.
Bei Westwind (ca. 2/3 des Jahres) starten die Flugzeuge gegen den Wind Richtung Westen. Aufgrund der Zuordnung der Pisten nach Parkposition beobachten wir jetzt, dass häufig Flüge mit einem Ziel im Süden von der Nordpiste starten und dann nicht nach Süden abknicken sondern erst nach Norden und somit über Teltow und den Berliner Süden einen Bogen fliegen, um dann erst in größerer Höhe nach Süden zu fliegen.
Diese "Rundflüge" wären bei einer Zuordnung dieser Abflüge zur Südpiste entbehrlich und die Bevölkerung in unserer Region und im Süden Berlins würde nicht mit Fluglärm belastet.
Die Flughafen Berlin Brandenburg GmbH (FBB) hat offensichtlich ausschließlich ein Interesse Rollzeiten auf dem Flughafen und Emissionsausstoß am Boden zu reduzieren.
Für die Fluglotsen der Deutsche Flugsicherung (DFS) besteht aufgrund der Komplexität der Verfahren in der Luft ein erhöhter Überwachungsbedarf, der auch zusätzliche Arbeitszeit der Lotsen erforderlich macht.
Im ersten Bericht der DFS (Validierung der An- und Abflugverfahren am Verkehrsflughafen Berlin Brandenburg) wird bereits auf diese Problematik hingewiesen.
Wir fordern: „Rundflüge“ über Teltow beenden
Die folgenden Beispiele wurden mit Flightradar24 dokumentiert:
Fluglärmkommission - Fluglärm am BER: Kurzstarts bleiben erlaubt, Flugsicherung sieht keinen Grund zum Verbot
Kurzstarts gelten als Verstärker von Fluglärm. Die Fluglärmkommission wollte sie deshalb auf ein Minimum reduzieren. Die zuständigen Behörden spielen aber offenbar nicht mit.
Oliver Fischer 11.07.2024, 17:20 Uhr
Schönefeld. Weil Kurzstarts mehr Fluglärm verursachen als normale Starts, hatte die Fluglärmkommission des BER im Februar gefordert, dass Kurzstarts eingeschränkt oder möglichst ganz abgeschafft werden. Auch Verkehrsminister Rainer Genilke hatte sich der Forderung angeschlossen. Trotzdem wird wohl nichts daraus. In der jüngsten Sitzung der Kommission am Donnerstag haben die zuständigen Behörden das Ansinnen zurückgewiesen und auch begründet, weshalb.
Kurzstarts – oder Intersection Take-offs, wie sie im Luftfahrt-Jargon heißen – sind Starts von einer Position in der Mitte der Landebahn aus. Sie werden von Piloten oft gewählt, um Zeit oder Kerosin zu sparen. Die Flugzeuge müssen dann nicht bis zum Ende der Startbahn rollen, haben dadurch allerdings auch nur einen verkürzten Startweg zur Verfügung. In der Folge, davon gehen zumindest die Kritiker aus, müssen Piloten beim Start mehr Schub geben, die Maschinen heben später ab, fliegen in einer geringeren Höhe über bewohntes Gebiet und nehmen mitunter auch die Hoffmann-Kurve nicht so eng, wie sie eigentlich sollen.
Jede zweite Maschine am BER startet verkürzt
Das betrifft in Schönefeld eine ganze Reihe von Flugzeugen, denn laut offizieller Statistik startet am BER jeder zweite Flieger von einer verkürzten Startposition. Die Flughafengesellschaft Berlin-Brandenburg hat am Donnerstag auch die Lärmauswirkungen mitgeliefert.
Demnach erhöht sich durch Kurzstarts je nach Messstelle der Fluglärm zwischen 0,1 und 2,5 Dezibel mit Ausschlägen nach oben und unten. Es gebe Regionen, in denen sich die Belastung durch Kurzstarts verringere, es gebe aber auch solche – etwa die Kita in Waltersdorf – wo sich der Lärm durch Kurzstarts um bis zu 4,5 Dezibel erhöhe.
Flugsicherung sieht keine Grundlage, Kurzstarts zu verbieten
Genau deshalb hatte die Kommission, die vor allem aus Vertretern der Umlandkommunen besteht, eine maximale Einschränkung von Kurzstarts gefordert. Laut der Deutschen Flugsicherung sind Kurzstarts aber eine wichtige Möglichkeit, um den Flugverkehr geschmeidiger abzuwickeln. Die Vertreter der Behörde argumentierten, dass Kurzstarts dabei helfen, unnötige Roll- und Wartezeiten zu vermeiden. Sie würden zur sicheren und flüssigen Abwicklung des Luftverkehrs genutzt. Auch das Luftfahrthandbuch zum Flughafen enthalte grundsätzlich die Möglichkeit, Kurzstarts durchzuführen, weshalb man sie nicht versagen könne.
Vertreter der FBB argumentierten laut Sitzungsteilnehmern auch damit, dass Lärmunterschiede erst ab einem Dezibel überhaupt wahrgenommen werden, bei einem zeitlichen Abstand sogar erst ab drei Dezibel. Das wollten die Mitglieder der Fluglärmkommission aber als Argument nicht gelten lassen.
Kommission will auf freiwillige Selbstverpflichtung setzen
„Es geht darum, die Belastung für unsere Bewohner so gering wie möglich zu halten. Deshalb bleiben wir an dem Thema dran. Wenn es die Möglichkeit einer geringfügigen Entlastung gibt, müssen wir versuchen, die zu erreichen“, sagt die Vorsitzende der Fluglärmkommission, Dietlind Biesterfeld.
Die rechtlichen Möglichkeiten, Kurzstarts einzuschränken, sind laut Biesterfeld allerdings gering. Man werde deshalb eher darauf setzen, Airlines von einer freiwilligen Selbstverpflichtung zu überzeugen und den Verkehr auf der lärmintensiven 15-Grad-Route über Schulzendorf, Zeuthen und Eichwalde weiter zu minimieren. Ein entsprechendes Anschreiben an die Airlines solle vorbereitet werden, so Biesterfeld.
MAZ
energiezukunft: Luftfahrt
Anwohner von Flughäfen gefährlicher Luftverschmutzung ausgesetzt
Ultrafeine Partikel schadstoffbelasteten Kerosins setzen sich in den Lungen der Menschen ab. In ganz Europa sind Millionen von Anwohnern an Flughäfen schwerwiegenden Gesundheitsrisiken ausgesetzt.
01.07.2024 – Vor allem beim Rollen sowie Starts und Landungen stoßen Flugzeuge große Mengen an Ultrafeinpartikeln aus. Auch Ultrafeinstaub genannt, handelt es sich um Partikel, die zwischen 1 und 100 Nanometer groß sind und in die Atemwege gelangen können. Das kann unter anderem zu Atemwegsproblemen, aber auch Bluthochdruck, Diabetes, Schwangerschaftskomplikationen und Demenz führen. Denn die Kleinen Partikel können tief in die unteren Atemwege eindringen und damit die Blut-Luft-Schranke überwinden. Trotzdem gibt es, im Gegensatz zu größeren Feinstaubpartikeln, keine von der Europäischen Union definierte Grenzwerte für Ultrafeinstaub.
Im Uftrag der Umweltorganisation Transport & Environment untersuchte das wissenschaftliche Beratungsinstitut CE Delft in den letzten Monaten auf und im Umkreis von 32 Großflughäfen die Belastung mit Ultrafeinpartikeln. Die Ergebnisse: Menschen, die in einem Umkreis von fünf Kilometern um einen Flughafen leben, atmen Luft ein, die im Durchschnitt zwischen 3.000 und 10.000 ultrafeine Partikel pro Kubikzentimeter enthält. Besonders schlimm sind Gepäckabfertiger:innen auf den Außenbereichen der Flughäfen der Luftverschmutzung ausgesetzt. Sie atmen im Durchschnitt Luft mit 37.000 Partikeln pro Kubikzentimeter ein. Diese Belastung ist siebenmal höher als die der Flughafen-Beschäftigten, die in Innenräumen arbeiten.
Auch in bis zu 20 Kilometern rund um die Flughäfen sind Belastungen mit Ultrafeinpartikeln vorhanden. 52 Millionen Menschen, rund um die 32 untersuchten Großflughäfen in Europa sind der zusätzlichen Luftverschmutzung ausgesetzt. Hochgerechnet anhand der tatsächlich gemessenen Fälle von Krankheiten im Umkreis des Flughafens Amsterdam-Schiphol, könnte die die Belastung mit ultrafeinen Partikeln mit rund 280.000 Fällen von Bluthochdruck, ungefähr 330.000 Fällen von Diabetes und zirka 18.000 Fällen von Demenz in Europa in Verbindung stehen.
Wie bereits Messungen im Jahr 2022 am Flughafen Frankfurt Main ergaben, sind Schmieröle eine wichtige Quelle für Ultrafeinstaub. Ebenso aber auch der im Kerosin enthaltene Schwefel und weitere Schadstoffe. Laut Studie von CE Delft könnte Schwefel- und Schadstoffarmes Kerosin die Menge an Ultrafeinpartikeln um 70 Prozent senken. „Im Straßen- und Schifffahrtssektor wurde dieser notwendige Schritt schon vor Jahren unternommen, aber im Flugverkehr herrschen noch Qualitätsstandards des letzten Jahrhunderts“, so Marte van der Graaf von Transport & Environment.
Mittelfristig müsse fossiles Kerosin zunehmend durch synthetisches Kerosin auf Basis Erneuerbarer Energien ersetzt werden, das mit weniger Schadstoffen belastet ist. “Neben technischen Maßnahmen muss es aber vor allem um Strategien zur Verringerung des Flugverkehrs gehen“, betont Anja Köhne von Germanwatch anlässlich der veröffentlichten Studie letzte Woche. Nötig seien hierfür der zügige Ausbau des Bahnverkehrs, um deutlich mehr Reisen auf die Schiene zu verlagern, ein Bewusstseins- und Verhaltenswandel bei Dienstreisen und Vielfliegenden, und die Unterstützung von angepassten Unternehmensstrategien von Fluglinien, Flughäfen und Flugindustrie.
Um das Fliegen klimaneutral zu machen, wird an mehreren Ansätzen geforscht. In der Vergangenheit ging es vor allem darum die Aerodynamik zu verbessern, leichtere Werkstoffe zu verbauen und effizientere Triebwerke zu bauen, um insgesamt den Treibstoffverbrauch zu reduzieren. Biokraftstoffe waren eine Zeitlang ebenfalls als Lösung angedacht, stehen aber zu stark in Konkurrenz zur Nahrungsmittelproduktion und Landnahme. Kerosin aus Abfallstoffen wird wohl ein Nischenprodukt bleiben. Flugzeuge mit E-Antrieb werden wohl nur auf sehr kurzen Strecken funktionieren. Aussichtreicher Kandidat ist synthetisches Kerosin, hergestellt mit Erneuerbaren Energien. Dabei werden Wasser und CO2 mit Strom aus Solar-, Wind- und anderen Erneuerbaren Energien in Wasserstoff und Kohlenmonoxid umgewandelt und daraufhin in Raffinerie-Prozessen zu Kerosin veredelt.
Bei dessen Verbrennung entsteht weiterhin CO2. Besser für das Klima ist das synthetische Kerosin nur, weil das CO2 für dessen Produktion zuvor aus der Atmosphäre entnommen wurde. Auch die Probleme mit Kondensstreifen und Ozon bleiben bestehen, die das Klima zusätzlich anheizen. Wissenschaftler:innen halten das künftige klimaneutrale Fliegen für eine Illusion, insbesondere weil der Flugverkehr zunehmen wird. Nur weniger Fliegen könnte Druck aus dem Kessel nehmen.
Dafür braucht es bessere Bahnverbindungen, etwa auf dem europäischen Kontinent. In Deutschland aber drohen Gelder aus dem Haushalt für die Bahn wieder zusammengestrichen zu werden. Ein fatales Signal für den bereits eklatanten Sanierungstau bei den Strecken. Zudem könnten die Preise für Bahnfahrer:innen steigen und Bahnverbindungen drohen gestrichen zu werden. Zudem zeigen viele nationale Bahnunternehmen in Europa wenig Interesse an einem Ausbau des europäischen Nachzugverkehrs. mg
Lärmschutz in der BER-Region
Märkische Allgemeine Zeitung (MAZ) Oliver Fischer 25.06.2024, 19:07 Uhr
Wichtige Frist für Lärmschutz endet bald: Fluglärm-Kritiker fordern von Kommunen mehr Einsatz beim Lärmaktionsplan
Lärm ist ein großes Problem rund um den BER. Umso mehr ärgert es die Vorsitzende des Bürgervereins Brandenburg Berlin, Christine Dorn, dass kaum Kommunen für den Lärmaktionsplan werben.
Dahme-Spreewald. Der Lärmaktionsplan soll dazu beitragen, die Lärmbelastung der Menschen zu minimieren – eine gute Idee. Doch Anwohnervertreter des BER-Umfeldes kritisieren, dass dieses Ziel zunehmend aus dem Blick gerät, und dass die Kommunen zu wenig Interesse am Schutz ihrer Bürger zeigen.
Der Lärmaktionsplan wurde 2002 von der EU eingeführt, um die Lärmbelastung der Menschen zu erfassen und zu reduzieren. Seither kartieren Länder und Gemeinden europaweit alle fünf Jahre ihre Lärmquellen und den dazugehörigen Lärm. Ein erklärtes Ziel ist es, Maßnahmen zur Lärmreduzierung zu ergreifen. Davon sei aber wenig zu sehen, sagt Christine Dorn, Vorsitzende des Bürgervereins Brandenburg Berlin (BVBB).
Dorn fordert effektive Maßnahmen gegen Fluglärm am BER
Am BER ist Fluglärm ein Riesenthema – der Plan für die Flughafenregion sei aber „ein hohles Papier“, kritisiert Dorn. Zwar werde der Lärm darin kartiert, „es werden aber keine effektiven Maßnahmen vorgeschlagen, mit denen man ihn mindern könnte“. Aber auch bei den Kommunen, die eigentlich Vertreter ihrer Einwohner sein sollten, vermisse sie das Engagement.
Das Prozedere des Lärmaktionsplanes sieht vor, dass betroffene Anwohner Anregungen und Forderungen einbringen können. Doch ohne ausreichend Öffentlichkeitsarbeit und Engagement der Kommunen bleibt dies oft nur Theorie. Zwar hätten Land und Kommunen extra ein Jahr Aufschub bekommen, damit mehr Zeit für die Öffentlichkeitsbeteiligung bleibt. „Dennoch findet selbst in den Gemeinden, die am stärksten vom Fluglärm betroffen sind, kaum Öffentlichkeitsarbeit dazu statt“, so Dorn.
Schulzendorf bisher ohne Hinweis auf Lärmaktionsplan
Einzig Großbeeren habe früh darauf hingewiesen. Blankenfelde-Mahlow habe dann immerhin nachgezogen. Schulzendorf, eine der am stärksten von Fluglärm betroffenen Kommunen, hat bisher aber keinerlei Beteiligung der Öffentlichkeit gestartet – obwohl die Öffentlichkeitsbeteiligung ausdrücklich gewollt ist und die Frist offiziell am 14. Juli abläuft. Jens Krüsmann aus dem brandenburgischen Umweltministerium bestätigt, dass die Beteiligung der Öffentlichkeit bisher zu wünschen übrig lässt. „Das hätten die Kommunen machen müssen, es ist aber nur unzureichend geschehen“, sagt er.
Auf Nachfrage beschwichtigt Schulzendorfs Bürgermeister Markus Mücke (parteilos): „Wir werden natürlich unserer Verpflichtung gerecht werden, auch wenn wir die Frist nicht einhalten können.“
Christine Dorn erwartet aber mehr von den BER-Anrainer-Kommunen: „Ich bin nicht glücklich darüber, dass der Lärmaktionsplan so wenig ernst genommen wird, dass man glaubt, die Beteiligung der Öffentlichkeit sei entbehrlich.“ Marcel Hoffmann, Pilot und Namensgeber der Hoffmann-Kurve, geht sogar noch weiter: „Ich habe den Eindruck, dass man sich in den Orten bemüht, die Öffentlichkeit von der Fragestellung der EU fernzuhalten.“ Mithilfe der Kurve soll das Überfliegen von dichtbesiedeltem Gebiet vermieden werden.
Beide raten den Bürgern dazu, eigene Forderungen zu formulieren und an die Kommunen oder die zuständige Stelle beim Umweltministerium zu schicken. Denn es gebe in der Region rund um den BER durchaus Probleme zu lösen. So liege der Dauerschallpegel durch Fluglärm in einigen Gemeinden deutlich über dem Wert, den die Weltgesundheitsorganisation WHO als gesundheitsgefährdend einstuft. Das sei sogar kartiert. „Es folgen aber keine Handlungen daraus. Das finde ich bedenklich, weil es weltweit Beispiele gibt, die zeigen, dass es auch anders geht“, so Dorn.
Nachtflugverbot am BER gefordert
In München etwa sind Flüge in den Nachtzeiten deutlich strenger geregelt als am BER. Nach 22 Uhr dürfen dort nur Flüge stattfinden, die an der ersten Messstation 75 dB nicht überschreiten. „Das wäre bei uns schon eine deutliche Verbesserung“, so Dorn.
Zu ihren eigenen Forderungen gehört auch eine Reduzierung des Flugverkehrs, die konsequente Nutzung der gesamten Startbahn und der Hoffmann-Kurve und die Verlegung von Nachtflügen in die Tagzeiten. „Der Flugverkehr muss nach 22 Uhr abnehmen, das ist gerichtlich vorgegeben“, sagt sie. Stattdessen ist die Stunde zwischen 22 und 23 Uhr nach wie vor regelmäßig diejenige mit dem stärksten Flugverkehr am BER.
Hinweise zum Lärmaktionsplan noch möglich
„Wenn die Menschen daran etwas ändern wollen, dann müssen sie sich jetzt äußern. Die Kommunen sollten das aber auch aktiv unterstützen“, so Dorn. Jens Krüsmann vom Ministerium weist allerdings darauf hin, dass der Lärmaktionsplan „keine luftrechtlichen Anordnungen treffen und keine Eingriffe in einen Planfeststellungsbeschluss vornehmen“ könne. Heißt: Selbst wenn der Plan feststellt, dass der Lärm in der Region gesundheitsschädlich ist, braucht es andere Wege – etwa Beschlüsse der Fluglärmkommission oder Klagen –, um Verbesserungen für die Menschen durchzusetzen.
Vorschläge, Forderungen oder Einwendungen zum Lärmaktionsplan können bis 14. Juli an die jeweiligen Gemeinden gerichtet werden oder ans brandenburgische Umweltministerium.
Märkische Allgemeine Zeitung (MAZ) vom 28.02.2024, Seite 17:
Fluglärmproblem über Kleinmachnow wird bearbeitet
Kommission spricht sich für weniger verkürzte Starts auf dem BER in Schönefeld aus – Lärmpegel in allen besiedelten Gebieten könnte dadurch sinken
Von Elke Kögler
Fluglärm, der durch sogenannte verkürzte Starts auf dem Flughafen BER in Schönefeld (Dahme-Spreewald) ausgeht, könnte in Kleinmachnow geringer werden. Die Mitglieder der Fluglärmkommission haben jedenfalls mehrheitlich beschlossen, dass solche Starts vermieden werden sollen.
Darüber informierte Kleinmachnows Bürgermeister Michael Grubert (SPD), der selbst ein Mitglied der Kommission ist, in der Gemeindevertretersitzung. „Das Problem ist damit akzeptiert und wird an die Deutsche Flugsicherung herangetragen“, erläutert Matthias Schubert, der Vorsitzende der Bürgerinitiative Kleinmachnow gegen Fluglärm, das weitere Verfahren. Die Kommission habe aufgrund des Beschlusses einen Auftrag erhalten und müsse sich auf jeden Fall mit dem Problem beschäftigen, fügt Bürgerinitiativenchef und SPD-Mitglied Schubert hinzu.
Anlass für die Informationen des Bürgermeisters war der einstimmig beschlossene Antrag der Fraktion SPD/Die Linke/Pro Kleinmachnow in der Dezember-Gemeindevertreterversammlung. Die Fraktionsmitglieder beauftragten Bürgermeister Grubert damit, sich in der Fluglärmkommission dafür einzusetzen, dass grundsätzlich keine verkürzten Starts mehr stattfinden. Zum anderen soll der Gemeindechef weiter dafür kämpfen, dass nach Süden steuernde Flugzeuge nicht zuerst Schleifen über Kleinmachnow, also nach Norden und anschließend weiter nach Osten und Süden, fliegen. Dass der überflüssig erzeugte Lärm vermieden wird, sei von der Fluglärmkommission zugesagt worden.
Bei den sogenannten verkürzten Starts, Intersection Take Offs, starten Piloten mit ihren Flugzeugen nicht am Beginn, sondern in der Mitte der 3600 Meter langen Nordbahn oder der 4000 Meter langen Südbahn. Aufgrund des mittigen Starts heben die Flugzeuge auf dem BER-Gelände später ab, wodurch die Flughöhen über bewohntem Gebiet geringer und der Fluglärm deshalb stärker ist. Würden die Flugzeuge hingegen am Beginn der Bahn starten, flögen diese laut Bürgerinitiative 400 bis 500 Meter höher über Siedlungsgebiete. Da 60 bis 70 Prozent aller Starts verkürzt erfolgten, würde im gesamten Gebiet rund um den Flughafen deutlich mehr Ruhe einkehren. Das Startverfahren wird vor allem deshalb angewandt, weil somit mehr Flugzeuge innerhalb eines bestimmten Zeitraumes starten und landen können. „Der Flughafen ist aber aus Sicherheitsgründen ebenso an weniger Kurzstarts interessiert“, erklärt Schubert. Deshalb gehe er davon aus, dass das Anliegen so umgesetzt wird.
Weiterhin kämpfen die Initiativenmitglieder dafür, dass die Flugrouten, die vor der Inbetriebnahme des neuen Flughafens BER nicht korrekt angegeben wurden, neu bewertet werden und etwa das bestehende Nachtflugverbot erweitert wird. Lärmschutz steht im Flughafenumfeld ohnehin gerade auf der Tagesordnung. Das brandenburgische Umweltministerium lässt gerade prüfen, wo wieviel Fluglärm tatsächlich genau entsteht.
Minus 20 % bis 2030
Luftverkehr muss Wachstumskurs verlassen!
Informationen zur Kampagne unter
15.02.2024: Der Unterstützerkreis der Kampagne „minus20bis2030“ hat Zuwachs bekommen.
Die Gemeinde Blankenfelde-Mahlow stellt sich hinter die Forderung. Die Gemeinde liegt in der Einflugschneise des Flughafens Berlin-Brandenburg. Bürgermeister Michael Schwuchow begründete seine Unterstützung der Kampagne damit, dass vor allem innerdeutsche Flüge überflüssig sind. „Ich sehe es als ein realistisches Ziel, die Zahl der Flüge um zwanzig Prozent zu reduzieren bis 2030“, betont der Bürgermeister in einem Gespräch mit rbb.
Quelle: https://rbbmediapmdp-a.akamaihd.net/content/f5/6f/f56f202b-9667-42e1-855e-b3423cdfa8db/f56f202b-9667-42e1-855e-b3423cdfa8db_hd1080-avc1080.mp4
Beitrag auch unter:
https://www.rbb24.de/panorama/beitrag/av7/video-laerm-flugzeug-weniger-stoerung.html
Tagesspiegel vom 4.01.2024:
Seite 45 | Brandenburg
BER-Nachtflugverbot Regierung mauert beim Volksbegehren
Von Thorsten Metzner
Viel Zeit bleibt Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) bis zur Landtagswahl im September nicht mehr, sich doch noch für ein striktes Nachtflugverbot am Willy-Brandt-Flughafen in Schönefeld einzusetzen. Jede Landesregierung ist dazu verpflichtet, seitdem der Landtag im Februar 2013 das mit 106.000 Unterschriften erste erfolgreiche Volksbegehren der Landesgeschichte angenommen hat. Doch darum ist es auffällig ruhig geworden. „Die Regierung versucht es auszusitzen. So geht man mit dem Souverän nicht um“, sagt Christine Dorn, Vorsitzende des Bürgervereins Berlin-Brandenburg (BVBB), der sich seit zwei Jahrzehnten für die Interessen der BER-Anrainer in beiden Ländern engagiert.
Tatsächlich hat die Kenia-Regierung alles getan, um diesen Verdacht zu nähren, nämlich: nichts. Erst im November 2023 hat dies der damalige Verkehrsminister Guido Beermann (CDU) in der Antwort auf eine Parlamentarische Anfrage bemerkenswert offen eingestanden. Der Abgeordnete Matthias Steffke (Freie Wähler) hatte sich erkundigt, was die Regierung seit 2019 für ein striktes Nachtflugverbot unternommen habe. Die ausweichende Antwort: „Ein konkreter Zeitpunkt kann gegenwärtig nicht benannt werden, da die mittel- und langfristige Passagierentwicklung am Flughafen BER noch nicht hinreichend prognostiziert werden kann“, so Beermann. „Bislang kann lediglich konstatiert werden, dass die Passagierzahlen am BER im europäischen und nationalen Vergleich unterdurchschnittlich liegen.“
Nachtflüge am BER
Am Flughafen BER gilt nach Planfeststellungsbeschluss ein striktes Flugverbot zwischen Mitternacht und fünf Uhr. In den Randstunden zwischen 5 und 6 Uhr und in der Nacht zwischen 22 und 24 Uhr sind Flug-Kontingente festgelegt. Inzwischen gilt eine neue BER-Entgeltordnung, in der die Gebühren für die Airlines in Randstunden höher sind.
Woidke setzt sich für Interkontinentalflüge ein
Im Gegensatz dazu hatte die frühere rot-rote Regierung in der Gesellschafterversammlung der Flughafengesellschaft Berlin-Brandenburg zwischen 2013 und 2019 mehrfach Vorstöße unternommen, die Miteigner Berlin und den Bund zu Zugeständnissen beim Nachtflugverbot zu bewegen – vergebens. Woidke kündigte noch 2021 bei einem Treffen mit der damaligen Berliner Regierenden Franziska Giffey (SPD) an, einen neuen Anlauf zu unternehmen. Doch es geschah nichts. Stattdessen machten beide Landesregierungen jüngst einen Vorstoß gegenüber dem Bund, mehr Interkontinentalflüge am BER zu ermöglichen.
Das erklärt, warum es sogar aus den Reihen der Kenia-Koalition von SPD, CDU und Grünen Kritik an der Regierung gab, als die Freien Wähler im Dezember das Thema erneut in den Landtag brachten. Der SPD-Abgeordnete Helmut Barthel sagte, auch er sei „nicht glücklich über die Frequenz der Gespräche.“ Dennoch liege das im Ermessen der Regierung.
Eine Rückblende: Es war nach der dramatisch geplatzten BER-Eröffnung 2012, als in der Region der Ärger um veränderte BER-Flugrouten hochkochte. So wurde in Brandenburg und in Berlin für ein strikteres Nachtflugverbot mobilisiert: In Brandenburg war das Volksbegehren mit 106.000 Unterschriften – weit mehr als die erforderlichen 80.000 - erfolgreich.
Doch es nahte die nächste Landtagswahl. Vor allem die SPD unter dem damaligen Ministerpräsidenten Matthias Platzeck wollte einen BER-Volksentscheid vermeiden, der zur Abstimmung über Regierungsversagen beim Flughafenprojekt geworden wäre. Deshalb nahm das Parlament fast einstimmig das Volksbegehren an – mit einer rechtlichen Ewigkeits-Verpflichtung: Denn normalerweise verfallen Landtagsbeschlüsse zum Ende einer Wahlperiode nach dem Prinzip der Diskontinuität. Doch das gilt nicht für Volksgesetzgebung wie in diesem Fall, wie der Parlamentarische Beratungsdienst (PBD) des Landtages 2017 in einem Gutachten eindeutig feststellte.
Im Parlament versicherte Verkehrsminister Rainer Genilke (CDU) kurz vor Weihnachten 2023 zwar erneut, dass sich die Landesregierung weiter für ein strikteres Nachtflugverbot einsetzen werde. Er schränkte aber ein, „unter Berücksichtigung der Wirtschaftlichkeit“.
Presserklärung von Ortwin Baier (Mitglied des Brandenburger Landtages) zum Ende des Sonderausschusses BER
Blankenfelde-Mahlow, 07.06.2021
Der Sonderausschusses BER war so nützlich wie ein Kropf
Zum heute dem Brandenburger Landtag zum Beschluss empfohlenen Abschlussbericht des Sonderausschusses BER äußerte sich Ortwin Baier (MdL) wie folgt:
„Der Sonderausschuss BER war so nützlich wie ein Kropf. Die überwiegende Mehrheit seiner Mitglieder hat in den vergangenen 8 Jahren stets abgesegnet, was Staatskanzlei und Flughafengesellschaft haben wollten.
Zum planfestgestellten Schallschutzprogramm brachte der S-BER nicht mehr als einige Schaufensteranträge zu Stande, die zwar schön klangen, für die schallschutzberechtigten Anwohner in ihrer Auseinandersetzung mit der extrem hartleibigen Flughafengesellschaft aber vollkommen nutzlos waren. Die Schallschutzberechtigten mussten stets vor den Verwaltungsgerichten um ihr Recht auf eine ordnungsgemäße, planfeststellungskonforme und DIN-gerechte Umsetzung des Schallschutzprogramms kämpfen – ein Kampf, der noch immer nicht beendet ist.
In der Frage des bis heute nicht umgesetzten, vom Landtag im Jahr 2013 angenommen Volksbegehrens für ein BER-Nachtflugverbot von 22 bis 6 Uhr gab sich der Ausschuss mehrheitlich damit zufrieden, dass ihm die Staatskanzlei erklärte, die anderen beiden BER-Gesellschafter seien nicht dazu bereit, einem Nachtflugverbot von 22 bis 6 Uhr zuzustimmen und deshalb könne man leider nichts tun.
Wie aber seit mehr als 6 Jahren bekannt ist, könnte das Land Brandenburg in dieser Frage eigenständig handeln, sofern der Landtag dazu den politischen Willen hätte. Brandenburg könnte nämlich die gemeinsame Landesplanung mit Berlin zumindest teilweise kündigen, um so seine alleinige Landesplanungshoheit zumindest für den auf Brandenburger Gebiet liegenden Flughafen BER zurückzuerlangen. Dann könnte es eine landesplanerische Gewichtungsvorgabe für ein BER-Nachtflugverbot von 22 bis 6 Uhr festsetzen. Diese Gewichtungsvorgabe müsste von der Planfeststellungsbehörde aktiv berücksichtigt und die bestehende Planfeststellung zum Flughafen BER um ein Nachtflugverbot von 22 bis 6 Uhr ergänzt werden.
Auch das von der Flughafengesellschaft ausdrücklich angestrebte Ziel, im Jahr 2040 am BER 58 Millionen Passagiere abfertigen zu wollen, wurde von praktisch allen Mitgliedern des Sonderausschusses im Jahr 2017 kritiklos akzeptiert. 58 Millionen Passagiere sind fast doppelt so viele, wie im Endausbauszenario, das der Genehmigung des BER im Jahr 2006 zu Grunde lag und fast viermal so viele, wie klimaverträglich sind.
Wer an diesem irrsinnigen Wachstumsziel festhält, opfert Gesundheit und Lebensqualität zehntausender BER-Anwohner und torpediert die Pariser Klimaschutzziele.
Die Tatsache, dass der BER an einem Standort errichtet und betrieben wird, der im Ergebnis des Raumordnungsverfahrens von 1994 ungeeignet ist, spielt offensichtlich weder für seine Geschäftsführung noch für seine Gesellschafter noch für fast alle Abgeordneten der Parlamente seiner drei Gesellschafter irgendeine Rolle. Ihre einzige Sorge gilt der desaströsen finanziellen Lage des Flughafens sowie dem Ziel, möglichst viel Luftverkehr an seinen ungeeigneten Standort zu holen."
20210608_Ortwin Baier_Der_Sonderauschuss_BER_war_so_nützlich_wie_ein_Kropf.pdf
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Grüne fordern Maßnahmen gegen Fluglärm
Verkehr und digitale Infrastruktur/Antrag - 09.03.2021 (hib 302/2021)
Berlin: (hib/HAU) Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen fordert Maßnahmen, um den Fluglärm zu mindern und die Menschen in den Flughafenregionen besser zu schützen. In ihren dazu vorgelegten Antrag (19/27211) heißt es, der gesamte Fluglärmschutz sei auf passiven Lärmschutz ausgerichtet, der im Fluglärmgesetz geregelt werde. „Wie viel Lärm von einem Flughafen ausgehen darf, spielt dabei keine Rolle.“ Festgelegt werde nur, welche Schutzmaßnahmen zum Ausgleich ergriffen werden müssen. Das geschehe in Form von baulichem Schallschutz an den Wohnungen, Entschädigungszahlungen sowie Baubeschränkungen und -verboten, heißt es weiter.
Passive Lärmschutzmaßnahmen seien jedoch nicht ansatzweise geeignet, die Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) umzusetzen. Der sehr viel effektivere aktive Lärmschutz, der darüber entscheide, wie viel Lärm überhaupt entstehen darf, sei im Luftverkehrsgesetz verortet. „Ab wann es zu aktivem Lärmschutz kommen muss, ist darin kaum konkretisiert und findet entsprechend bei Flughafengenehmigungen, Erweiterungen und bei Flugroutenfestlegungen wenig Berücksichtigung“, wird kritisiert.
Insgesamt 53 Forderungen erheben die Grünen in dem Antrag. Mit Blick auf Luftverkehrsgesetz und Luftverkehrsordnung wird von der Bundesregierung verlangt, neu zu definieren, wann die Änderung eines Flughafens als wesentlich anzusehen ist und dabei alle Maßnahmen einzubeziehen, die den Flugbetrieb faktisch erhöhen. Bei der Genehmigung oder wesentlichen Erweiterung von Flughäfen müsse jeweils eine eindeutige und nach oben gedeckelte Kapazität festgelegt werden. Gefordert wird zudem, absolute Lärmobergrenzen für neue und wesentlich zu erweiternde Flughäfen einzuführen und zu prüfen, „in welcher Weise sich solche Obergrenzen an Bestandsflughäfen einführen lassen, an denen im Sinne des Vorsorgeprinzips die übermäßige Lärmbelastung aus Gründen des Gesundheitsschutzes nicht hingenommen werden kann“.
Herausgeber: Deutscher Bundestag, Parlamentsnachrichten
Verantwortlich: N.N.
Redaktion: Alexander Heinrich (V.i.S.d.P.), Claudia Heine, Claus Peter Kosfeld, Hans-Jürgen Leersch, Johanna Metz, Kristina Pezzei, Sören Christian Reimer, Helmut Stoltenberg, Alexander Weinlein
Quelle: https://www.bundestag.de/presse/hib/827142-827142
Medizinische Fachverbände und Patienten fordern strengere EU-Luft-Grenzwerte
Veröffentlicht am 22. März 2021 Autor gh bei SOLARIFY, das unabhängige Informationsportal für Nachhaltigkeitsfragen, Erneuerbare Energien, Klimawandel und Energiewende.
DGIM, DGAM und KLUG schrieben Brief an EU-Parlamentarier
Ende März stimmt das EU-Parlament über die Umsetzung der EU-Luftqualitätsrichtlinien (2004/107/EG und 2008/50/EG) ab. Neue wissenschaftliche Erkenntnisse zeigen, dass die Luftverschmutzung weit schädlicher für die Gesundheit ist als bisher angenommen. Der Umweltausschuss des EU-Parlamentes hat sich deshalb für strengere Luftqualitätsstandards und deren Angleichung an die strengeren WHO-Grenzwerte ausgesprochen. Die bestehenden Grenzwerte müssten strikt eingehalten und weitere gesundheitsrelevante Luftschadstoffe (Ultrafeinstaub, Ruß, Quecksilber, Ammoniak) in die Regulierung einbezogen werden. Eine Medienmitteilung der der Deutschen Allianz Klimawandel und Gesundheit (KLUG). Mehrere medizinische Fachverbände, darunter die Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM) mit ihren rund 27.000 Mitgliedern, die Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DGAM) mit rund 7.000 Mitgliedern und der Deutsche Allergie-und Asthmabund als Patientenorganisation mit 18.000 Mitgliedern, schließen sich gemeinsam mit der Deutschen Allianz Klimawandel und Gesundheit (KLUG) diesem Votum an und haben das in einem Brief an die deutschen EU-Parlamentarier bekräftigt. Im Verkehr, der Industrie, der Landwirtschaft und beim Heizen emittierte Luftschadstoffe sind das größte umweltbedingte Risiko für die Gesundheit. In Europa sterben jährlich nach neueren Berechnungen bis zu 790.000 Menschen vorzeitig an schlechter Luft, in Deutschland betrifft das bis zu 125.000 Menschen. Das sind mehr als bisher an COVID-19 verstarben. Luftverschmutzung verkürzt die Lebenserwartung in Deutschland und Europa im Durchschnitt um bis zu 2,3 Jahren. Luftverschmutzung ist verantwortlich für die Zunahme von Herz-Kreislauf- und Atemwegserkrankungen wie auch Lungenkrebs. Insbesondere Feinstaub kann auch zu Diabetes, Fettleibigkeit und neurodegenerativen Krankheiten wie Alzheimer beitragen. Luftverschmutzung ist außerdem ein großes Risiko für die Kindergesundheit, mit global über 600.000 Todesfällen bei den unter 15-Jährigen. Schlechte Luft führt mit zu Frühgeburten und niedrigem Geburtsgewicht und verzögert das Lungenwachstum mit Langzeitfolgen. Schlechte Luft erhöht auch das Risiko für schwere Verläufe der Covid-19-Infektion. Viele Maßnahmen gegen Luftverschmutzung dienen, vor allem über die Reduktion fossiler Brennstoffe, zugleich dem Klima-und Umweltschutz. Der Wechsel zu sauberen Energien, die Reduzierung und Elektrifizierung des automobilen Individualverkehrs und der Umbau zu einer ökologischen Landwirtschaft hat gleichzeitig viele gesundheitliche Vorteile (Co-Benefits). Die EU-Luftqualitätsstandards von 2008 entsprechen nicht mehr dem aktuellen wissenschaftlichen Stand. Eine kürzlich veröffentlichte Studie schätzt, dass bei einer Reduzierung der Luftverschmutzung in europäischen Städten auf die von der WHO empfohlenen niedrigeren Grenzwerte über 51.000 Todesfälle pro Jahr für Feinstaub (PM 2.5) und um 900 Todesfälle für Stickoxid (NO2) vermieden werden könnten. Gleichzeitig werden die WHO-Empfehlungen derzeit aktualisiert und vermutlich weiter verschärft. In der EU steht 2022 eine Revision der Luftqualitätsstandards an. Der sogenannte Lopez-Bericht zur Umsetzung der EU-Luftqualitätsrichtlinien (2004/107/EG und 2008/50/EG), über den die EU-Parlamentarier am 24. oder 25.03.2021 abstimmen, fordert neben strengeren Standards auch ein striktes Kontrollsystem mit Sanktionen. Der Internist Prof. Sebastian Schellong, Vorsitzender der DGIM, unterstützt diesen Appell: „Viele internistische Erkrankungen werden durch Luftverschmutzung verschärft oder sogar ausgelöst. Das verursacht Leid und hohe Kosten. Die Politik muss dringend bei den Grenzwerten nachsteuern.“ Dieter Lehmkuhl von der Deutschen Allianz Klimawandel und Gesundheit (KLUG), einem Netzwerk von Gesundheitsberufen, das die Klimakrise als Gesundheitsnotstand und Klimaschutz als Teil ihrer beruflichen Verantwortung versteht, erklärt dazu „Maßnahmen für saubere Luft sind die beste Investition in Gesundheit, Klimaschutz und Umwelt zugleich. Sie gemeinsam und übergreifend anzugehen, bringt den größten gemeinsamen Nutzen.“ Unterzeichnende Fachverbände des Offenen Briefs an die deutschen Mitglieder des Europaparlaments: Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DGAM)Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin (DEGIM)Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin e.V. (DGP)Deutsche Gesellschaft für Public Health (DGPH)Deutscher Allergie- und Asthmabund e.V. (DAAB)Gesellschaft für Pädiatrische Allergologie und Umweltmedizin (GPA)Gesellschaft für Pädiatrische Pneumologie e.V. (GPP e.V.)
Traumhafte Ruhe am Himmel über Teltow
Information für die Mitglieder vom 07.12.2020 Liebe Mitglieder, wir möchten Sie auf diesem Wege über die aktuelle Fluglärmsituation nach der Eröffnung des BER und der Schließung des Flughafens Tegel (TXL) informieren. Leider wird es mit der erfreulichen Ruhe am Himmel nach Beendigung der Corona-Pandemie bald vorbei sein und der Flugverkehr wird wieder schrittweise zunehmen. Gegenwärtig werden nur ca.10% der Flüge des vergleichbaren Zeitraums des Vorjahres durchgeführt. Die neue südliche Start- und Landebahn des BER wurde am 1. Dezember 2020 außer Betrieb genommen und das Terminal 5 des BER (vorher SXF- Schönefeld/Alt) wird mit dem Sommerflugplan 2021 vorerst für ein Jahr stillgelegt. Das neue Terminal 2 des BER ist bereits fertiggestellt, aber nicht in Betrieb. Was bedeutet dies alles für uns? Aufgrund der desaströsen Finanzsituation der Flughafengesellschaft werden die Anteilseigner Berlin, Brandenburg und der Bund alle Bemühungen der FBB unterstützen, so schnell wie möglich wieder mehr Flüge durchzuführen.Bei der Eröffnung des BER wurde in den Festreden viel über eine zukünftige mögliche Drehkreuzfunktion des BER phantasiert.Der Bund hat weiterhin den Verkauf der Bundesanteile am BER an einen privaten Investor in zwei Jahren ins Gespräch gebracht. Zukünftige Gewinne gehen dann an diesen und Berlin und Brandenburg bleiben auf der Tilgung der Kredite sitzen und damit wir alle als Steuerzahler. Die Gemeindevertretung Blankenfelde-Mahlow hat am 26.11.2020 mehrheitlich entschieden, gegen die Festlegung der Geradeaus-Starts von der Nordbahn (bei Westwind) nachts von 22.00 bis 6.00 Uhr erneut zu klagen. Das bedeutet, dass in dieser Zeit nicht wie tagsüber geradeaus gestartet werden soll, sondern unmittelbar nach dem Start eine Kurve nach Norden und dann zwischen Blankenfelde-Mahlow/ Nord und Lichtenrade/Süd direkt Richtung Teltow, Stahnsdorf und Kleinmachnow geflogen wird. Unser Verein setzt sich weiterhin für die Umsetzung des ersten erfolgreichen Volksbegehrens in Brandenburg für ein Nachtflugverbot von 22.00 bis 6.00 Uhr ein. Weiterhin darf der BER kein internationales Drehkreuz werden. Der BER ist als regionaler Flughafen mit internationalen Verbindungen im Planfeststellungsverfahren genehmigt und nicht mit Drehkreuzfunktion. Der vorerst von der FBB zurückgestellte Masterplan 2040, der die Verdoppelung der Kapazität des Flughafens vorsieht, darf an diesem Standort nicht umgesetzt werden. Alle Wunschgedanken der FBB dürfen an dem stadtnahen Standort des BER im Interesse der vielen lärmbetroffenen Anwohner der wachsenden Metropolenregion nicht realisiert werden. Gegen alle diese Zukunftsvisionen der FBB werden wir uns als Verein weiterhin wie bisher aktiv auf allen möglichen Ebenen einsetzen! Eine weitere Aufgabe bleibt die Beobachtung und Dokumentation der tatsächlichen Flugverfahren von der Nordbahn. Zukünftig muss überprüft werden, ob sich durch ständige Einzelfreigaben auf der sogenannten Wannsee-Route faktisch eine Flugroute herausbildet. Sollte dies der Fall sein, würden die maßgeblichen Vorgaben des Luftverkehrsgesetzes (LuftVG) und der Luftverkehrsordnung (LuftVO) zum Lärmschutz umgangen. Solcherart entstehende faktische Flugrouten sind laut Bundesumweltamt (UBA) als formell rechtswidrig einzuordnen. „Teltow gegen Fluglärm“ wird weiterhin zwei Lärmmessstationen in Teltow betreiben. Die Messdaten sind über den DFLD (Deutschen Fluglärm Dienst) abrufbar. Der durch Flugzeuge verursachte Ultrafeinstaub wird bereits seit einiger Zeit vom Verein gemessen und soll zukünftig ausgewertet werden. Sie sehen, dass wir auch in der Zukunft als Verein viel zu tun haben. Bleiben Sie gesund! Wir wünschen trotz aller Corona-bedingten Belastungen für jeden Einzelnen, Ihnen und Ihren Familien eine ruhige und besinnliche Weihnachtszeit und einen guten Rutsch ins neue Jahr Vorstand: Antje Aurich-Haider, Renate Bartel, Hans-Jürgen Seifert Teltow gegen Fluglärm e.V.
Corona-Paket für die Luftfahrt
14. November 2020 unter www.klimareporter.de
Flughäfen beim CO₂-Ziel vergessen
Zum Corona-Luftfahrtgipfel hatte kürzlich der Bundesverkehrsminister geladen. Eigentlich sollte es auch um Klimaschutz gehen. Doch die Überkapazitäten der deutschen Flughafen-Landschaft waren ebenso wenig ein Thema wie die CO2-Neutralität der Airports.
ein Gastbeitrag von Jochen Luhmann
Für frühere Generationen waren Flughäfen Orte für Träume der breiten Massen. Das Fliegen selbst war nur erreichbar für Eliten – für den großen Rest gab es damals die "Aussichtstribünen".
Inzwischen hat sich das total gewandelt. Nun sind die Flugleistungen, wie andere Luxusgüter auch, "demokratisiert" worden. Doch, trotz Massenwaren-Charakter, gilt: Flughafengebäude sind in den Industriestaaten, gerade in Deutschland, großzügig, quasi als Tempel, gestaltet.
Dies unter einer Einschränkung, die für Deutschland spezifisch ist: ... es sei denn, sie sind noch nicht hinreichend aus den Eierschalen umgewandelter Militärflughäfen herausgeschlüpft. Deutschland, der ehemalige Frontstaat, weist eine beispiellose Dichte auf.
Nach dem Ende der Ost-West-Konfrontation 1990 war die Vision, die vielen Regionalflughäfen würden eines Tages ihr Auskommen mit der Deckung eines zivilen Bedarfs an Flugleistungen finden. Arbeitsplätze in abgelegenen Regionen zu erhalten und schaffen war das Motiv.
Was zu Zeiten der ersten Bundesverkehrsminister Seebohm (CDU) und Leber (SPD) die Vision vom Autobahnnetz mit maximal 30 Kilometern Entfernung von jedem Haus zum nächsten Autobahnanschluss war, war nach 1990 die Vision: Jeder Region ihren zivilen Flughafen! Um die Überlebensperspektive dieses Versprechens zu sichern, wurde viel Geld in die Hand genommen.
Diese Großzügigkeit musste gerechtfertigt werden, schließlich wurde die Erschließungs-Infrastruktur juristisch privilegiert durchgesetzt. Das erforderte Prognosen, die einen entsprechenden Bedarf auswiesen. Also war man gehalten, das Blaue vom Himmel zu prognostizieren.
Die etablierten Großflughäfen blieben dieser Konkurrenz gegenüber nicht untätig. Sie investierten in ihr eigenes Wachstum, um den Regionalflughäfen Wasser abzugraben. Ein allseits subventioniertes Wettrennen, das Verlierer schaffen musste.
Die Coronakrise hat es geschafft, diese Blütenträume endlich platzen zu lassen. Doch bei den Airports werden die nun fällige Bereinigung und das Thema "CO2-neutrale Flughäfen" weiter im blinden Fleck gehalten. Dass der Flughafen München seine Ausbaupläne für eine dritte Startbahn vom bayerischen Ministerpräsidenten zu Grabe getragen bekam, ist eine Schwalbe, die noch keinen Frühling anzeigt.
Die doppelte Leerstelle
Vor einer Woche, am 6. November, hatte der Bundesverkehrsminister zum Corona-Luftfahrtgipfel nach Berlin geladen. Vertreten waren Bund und Länder, die Branchen der Luftfahrt sowie Verbände und Gewerkschaften. Die Behandlung der Flughäfen bei diesem Gipfel ist bemerkenswert.
Die "Gemeinsame Erklärung" der Teilnehmer stellt die Aufgabe, die sich für die offenkundig überbesetzte Flughafenlandschaft in Deutschland stellt, unter den schönrednerischen Titel "Die Zukunft des dezentralen Flughafen- und Flugsicherungssystems". Trotz des pandemiebedingten Verkehrsrückgangs seien die Airports weiterhin in Gänze geöffnet zu halten. Die Vorhaltekosten der Flughäfen für die Betriebsbereitschaft seien wesentlich vom Staat zu tragen.
In den Worten des Ergebnispapiers "bedarf es zusätzlicher gemeinsamer Anstrengungen von Bund und Ländern, um die wirtschaftliche Grundlage der Flughäfen mittelfristig zu sichern. Bund und Länder ... werden in den nächsten beiden Wochen in Gesprächen nach finanziellen Lösungen für die Flughäfen suchen, an denen sich Bund und Länder jeweils in gleichem Umfang beteiligen".
Finanzielle Großzügigkeit, um dem anstehenden Konflikt aus dem Weg zu gehen – nur so kann man die innere Logik dieses Versprechens charakterisieren.
Die Wahrheit ist: Es gibt zu viele Flughäfen in Deutschland, es existiert eine deutliche Überkapazität. Diese im Rahmen der Corona-Hilfen zu verringern wäre günstiger, als dem Motto zu folgen: "Erst durchfüttern und anschließend dichtmachen."
Das Stichwort "Klima" fällt im Hinblick auf Flughäfen nicht. "CO2-Neutralität", wozu sich immerhin sechs der großen deutschen Verkehrsflughäfen für 2050 verpflichtet haben, kommt nicht vor. Zum Vergleich: In Europa gibt es inzwischen 63 Flughäfen, die CO2-Neutralität bereits erreicht haben.
Stattdessen meint der Verkehrsminister, man müsse lediglich "das Vertrauen in die ökologische Verantwortung des Luftverkehrs stärken". In Wahrheit gilt: Das Vertrauen ist nur durch wirkliche Schritte zur Klimaneutralität, unter Einschluss der Flughäfen, zu stärken. "Vergisst" man die, wird Vertrauen beschädigt.
Das Klimakonzept der Bundesregierung, das beim Gipfel unter dem Titel "Innovationsprämie Luftfahrt" vorgestellt wurde, hat ein Volumen von einer Milliarde Euro. Es bietet allein Anreize zur beschleunigten Flottenmodernisierung, richtet sich somit allein an die Airlines.
Die Flughäfen gehen leer aus. Ihre Dekarbonisierung durch eine Innovationsprämie zu beschleunigen ist kein Thema – da wird eine Corona-Pause eingelegt.
Original-Artikel unter https://www.klimareporter.de/verkehr/flughaefen-beim-co2-ziel-vergessen
Pressemitteilung der Bundesvereinigung gegen Fluglärm e.V. vom 3. November 2020
Luftverkehrsgipfel - keine Subventionen ohne Kurswechsel und ökologischen Zusagen
Im Vorfeld des an diesem Freitag (6. November) auf Einladung von Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer stattfindenden Luftverkehrsgipfel fordert die Bundesvereinigung gegen Fluglärm, die Hilfen für die Branche nicht an bisherigen Wachstumszielen auszurichten, sondern den notwendigen Strukturwandel zu weniger Flügen und geringeren ökologischen Belastungen einzuleiten.
„Die Corona-bedingte Krise der Luftverkehrsbranche muss genutzt werden, um den Strukturwandel der Branche zu weniger Flugverkehr nach Ende der Pandemie zu organisieren,“ erklärt der Präsident der Vereinigung Carl Ahlgrimm. Die Entwicklung der vergangenen Jahre mit immer mehr Wachstum und ruinöser Konkurrenz ohne Rücksicht auf Beschäftigte und Anwohner dürfe nicht fortgesetzt werden. Die massiven finanziellen Hilfen für die Fluggesellschaften und die Flughäfen müssten genutzt werden, um den erforderlichen Anpassungsprozess an schrumpfende Märkte sozial und ökologisch verträglich zu gestalten. Eine Marktbereinigung bei Flughäfen und Airlines sollte deshalb durch staatliche Hilfen nicht behindert werden. Ahlgrimm: „Die Branche müsse in den Sinkflug, weil der bisherige Kurs nicht länger zu verantworten ist.“
Eine Studie des Bundesverbandes gegen Fluglärm zeige, dass die Branche bereits vor der Corona-Krise jährlich mit mehr als 12 Mrd. € in Deutschland subventioniert wurde. Diese Unterstützungsleistungen, die nachweislich enorme Umwelt- und Gesundheitsschäden auslösen, müssten auf den Prüfstand.
Konkret stellt der Verband, der mehr als 100 Initiativen gegen Fluglärm und 40 Kommunen vertritt, vier Erwartungen an Verkehrsminister Scheuer, die er an weitere Hilfen für die Branche knüpfen soll:
1. Staatliche Hilfen müssten an ökologische Auflagen gebunden werden. Dazu gehört, dass die Luftverkehrsbranche in den nächsten fünf Jahren Kurzstreckenflüge vollständig streicht und die Kooperation mit der Bahn ausbaut.
2. Die Stilllegung von Teilen der Flotte muss genutzt werden, um die Umweltbelastung der künftig eingesetzten Maschinen zu reduzieren. Dazu müssen die Grenzwerte für Lärm, N0x und Feinstaub gesenkt und für Ultrafeinstaub eingeführt werden. Zugleich bieten die Gebührenordnungen der Flughäfen die Möglichkeit, Maschinen mit hoher Lärm- und Schadstoffbelastung durch höhere Entgelte zu belasten.
3. Verkehrsminister Scheuer soll sich für eine zügige Einbeziehung des Luftverkehrs in ein System der CO2-Bepreisung einsetzen, das die vollständige Erfassung aller Klimaeffekte des Luftverkehrs vorsehe.
4. Der Rückgang des Luftverkehrs bietet die Chance, die Nachtruhe der Anwohner auf den Zeitraum 22 Uhr bis 6 Uhr auszuweiten. In dieser Zeit dürften grundsätzlich keine Starts und Landungen zugelassen werden.
Bereits der im Juli von Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer abgehaltene Luftfahrtgipfel blieb weit hinter allen Erwartungen zurück, es ist nunmehr an der Zeit deutliche Signale hin zu einem nachhaltigen Kurswechsel zu senden.
Bundesvereinigung gegen Fluglärm - Rückfragen unter: 03378 5239814
Datei zum Download 20201103_BVF_PM_Luftverkehrsgipfel-Forderungen_Verkehrministerium.pdf
Hier können Sie sich noch zu den Inhalten der Demo vom 31.10.20 am Terminal 1 informieren:
Auswertung von Langzeitmessungen in Raunheim, nahe des Flughafens Frankfurt am Main;
Zusammenhang von Ultrafeinstaubkonzentration und Flugverkehr
C. Maron, F. Schönfeld
Z U S A M M E N F A S S U N G In der vorliegenden Arbeit wer den Anzahlkonzentrationen ultrafeiner Partikel (UFP) für den Messstandort Raunheim, nahe des Flughafens Frankfurt am Main, über einen Zeitraum von ca. zwei Jahren ausgewertet. Für die Betriebszeiten des Flughafens zeigt die Gesamtauswertung der Daten eine um den Faktor 2,4 erhöhte mittlere UFP- Konzentration für Windrichtungen Nord bis Ost, d. h. für Wind aus Richtung des Flughafensektors, im Vergleich zur mittleren UFP-Konzentration für andere Windrichtungen. Um – bis zu einem gewissen Grad – zu differenzieren, inwieweit Überflüge bzw. Landeanflüge oder der Bodenbetrieb am Flughafen für hohe UFP-Konzentrationen in Raunheim verantwortlich sind, werden zusätzlich aus Schallpegelmessungen extrahierte Überflugzahlen herangezogen. Einzelne Tagesgänge stundengemittelter UFP-Konzentrationen und Überflugzahlen legen eine gewisse Korrelation nahe, erlauben aber nicht die Ableitung einer allgemeingültigen Zusammenhangsbeziehung. Die statistische Auswertung der Gesamtheit aller Daten zeigt hingegen einen Zusammenhang zwischen Konzentrationsmittelwerten und Überfluganzahl. Statistisch ergibt sich eine Zunahme von ca. 1100 Partikeln pro cm3 pro zusätzlichem Überflug (pro Stunde).
Die gesamte Publikation können Sie hier herunterladen:
Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung schließt Festlegung der Flugverfahren zur Inbetriebnahme des BER ab
29.06.2020
Im Hinblick auf die am 31.10.2020 geplante Eröffnung des Verkehrsflughafens Berlin-Brandenburg (BER) hat das BAF die Festlegung der dafür erforderlichen Flugverfahren abgeschlossen.
Gegenstand der erforderlichen Anpassungen ist die erneute Festlegung der Flugverfahren in westlicher Richtung von der Nordpiste in der Nacht. Weitere Anpassungen wurden u.a. an den für den BER 2012 festgelegten Flugverfahren vorgenommen, die aufgrund der weiteren Nutzung des Terminals des Flughafens Berlin-Schönefeld erforderlich wurden. Da die letztgenannten Anpassungen weiter vom Flughafen entfernt liegen, wird bei diesen nicht mit relevanten Änderungen bei den Fluglärmauswirkungen gerechnet. Die neuen Flugverfahren treten nach derzeitiger Planung am 04.11.2020 zusammen mit der Eröffnung der Südpiste in Kraft.
Die neu festzulegenden Abflugverfahren von der Nordpiste in Betriebsrichtung 25 waren seit Jahren Gegenstand der Beratungen in der Fluglärmkommission. Aufgrund der Klage der Gemeinde Blankenfelde-Mahlow hatte das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg die Rechtswidrigkeit der 2012 erfolgten Festlegung dieser Abflugverfahren für die Nachtzeit festgestellt. Die nach der gerichtlichen Feststellung zu klärende Frage war, ob eine Nordumfliegung von Blankenfelde-Mahlow in der Nacht gegenüber einem Geradeausflug vorzugswürdig ist.
Nach Abwägung aller relevanten Belange hat das BAF erneut dem Geradeausflug, also der Bestandsvariante, den Vorzug gegeben. Vorzugswürdige Alternativen zum Geradeausflug sind - unter Wahrung der Anforderungen an eine sichere, geordnete und flüssige Abwicklung des für den Flughafen zugelassenen Luftverkehrs - insbesondere im Hinblick auf die Fluglärmbelastung nicht ersichtlich.
Die tragenden Gründe der Abwägung finden sich neben weiteren Informationen im Abwägungsvermerk des BAF, der mit seinen beiden Anlagen zum Herunterladen zur Verfügung gestellt wird.
Link zum Artikel (Dort finden Sie auch die genannten Anlagen.)
https://www.baf.bund.de/SharedDocs/Kurzmeldungen/DE/2020/20200629_BER_AbwaegungFinal.html
Greenpeace-Recherche zum Flugverkehr
Starthilfe mit Klimaschutz
In der Corona-Krise wird kaum geflogen. Nun fordern die Airlines Milliarden an staatlichen Rettungsgeldern. Greenpeace hat die Zahlen.
Nach einem langen wirtschaftlichen Höhenflug liegt die Flugindustrie nun am Boden. Die Corona-Krise trifft die Branche hart: Über 90 Prozent der europäischen Flüge wurden zuletzt gestrichen. Nun verhandeln europäischen Fluggesellschaften wie Air France, Easy Jet und Finnair über staatliche Rettungspakete: Rund 13 Milliarden Euro an Krediten, staatlichen Beteiligungen und Zuschüssen fordern sie bisher – und der Zähler läuft weiter.
Greenpeace veröffentlicht heute zusammen mit den belgischen Organisationen Transport & Environment und Carbon Market Watch eine Übersicht zu gewährten und gewünschten Staatshilfen für Airlines und fordert, diese an verbindliche Auflagen für mehr Klimaschutz zu knüpfen. „Ein mit Steuermilliarden finanzierter Neustart von Fluggesellschaften muss auch den Klimaschutz voranbringen“, sagt Benjamin Stephan, Verkehrsexperte von Greenpeace.
Ein „weiter wie bisher“ darf es im Flugverkehr nicht geben
Die Debatte um „Flugscham“ und die Flugindustrie als Treiber der Erderhitzung liegt erst wenige Monate zurück, vor dem Ausbruch der weltweiten Covid-19-Pandemie. Dennoch stieg die Zahl der Fluggäste um 26 Prozent in den vergangenen fünf Jahren, mit einem Nettogewinn von rund 33 Milliarden Euro für die 20 größten europäischen Fluggesellschaften. Denn Fortbewegung via Flugzeug wird massiv steuerlich gefördert: Milliardenschwere Steuervorteile und Subventionen ermöglichen günstige Flugtickets, die die Folgen für die Erderhitzung nicht einpreisen. Allein in Deutschland beläuft sich die steuerliche Subventionierung von Kerosin jährlich auf rund acht Milliarden Euro.
Nach Vorstellungen des Lufthansa-Vorstandes sollen Kapitalerhöhungen in der Corona-Krise bedingungslos gewährt und als stille staatlichen Beteiligung selbst verwaltet werden können. Greenpeace fordert, dass börsennotierte Konzerne staatliche Hilfen nur in Anspruch nehmen können, wenn sie die Zahlung von Dividenden und Managerboni aussetzen. Die Krise darf zudem nicht als Vorwand für Personalabbau genutzt werden. „Fluggesellschaften können nicht weiter ungerührt Gewinne privatisieren und Verluste sozialisieren“, so Stephan. „Ein weiter wie bisher darf es trotz Pandemie in der fortschreitenden Klimakrise nicht geben. Die Fluglinien müssen ihren rasant steigenden CO2-Ausstoß bändigen, etwa indem sie einen festen Anteil saubere Kraftstoffe beimischen und Inlandsflüge dauerhaft einstellen.“
Keine klimaschädlichen innerdeutschen Flüge
Nach Auffassung von Greenpeace müssen die geplanten staatlichen Starthilfen für Fluglinien mithelfen, die Klimabilanz des Verkehrssektors insgesamt zu verbessern: Dazu zählen Investition in ein europaweites Netz von besseren Tag- und Nachtzügen, Fähren und öffentlichen Verkehrsmitteln, um Kurzstreckenflüge überflüssig zu machen. Innerdeutsche Flüge sollten verboten werden. Jetzt bietet sich die zudem die Chance, in die Herstellung sauberen, strombasierten Kerosins zu investieren.
Pressemitteilung des Aktionsbündnis Berlin Brandenburg (ABB)
09.03.2020
BER Bürgerinitiativen fordern erneut Umsetzung des Volksbegehren Nachtflugverbot von 22 Uhr bis 6 Uhr anlässlich der Tagung der Fluglärmkommission am 9. März 2020
„Anstatt die Bürgerinnen und Bürger in den Gemeinden gegeneinander auszuspielen und nächtliche Flugrouten hin und her zu schieben, muss die Ursache des nächtlichen Fluglärms beseitigt werden. Seit Februar 2013 fordern wir wiederholt die Landesregierungen in Berlin und Brandenburg aus, das erfolgreiche Brandenburger Volksbegehren für das Nachtflugverbot von 22 Uhr bis 6 Uhr am Flughafen BER umzusetzen.“, erklärt Markus Sprißler der Sprecher des ABB anlässlich der erneuten Diskussionen zu den nächtlichen Flugrouten in der Fluglärmkommission am 9. März 2020.
Nächtlicher Fluglärm schadet der Gesundheit, daher fordert das Bundesumweltamt das Nachtflugverbot von 22 Uhr bis 6 Uhr für stadtnahe Flughäfen. Für den Flughafen BER triff dies in besonderem Maße zu: Der Flughafen BER wurde unbestritten am falschen Standort gebaut.
„Bis zur Umsetzung des Nachtflugverbots von 22 Uhr bis 6 Uhr am Flughafen BER fordern wir alle Berliner, Brandenburger und Gäste auf, auf ihre Mitmenschen Rücksicht zu nehmen und nicht mehr nachts zu fliegen. Sie haben es in der Hand.“, fordert er abschließend.
Über das Aktionsbündnis Berlin Brandenburg (ABB)
Das Bündnis Berlin-Brandenburg für ein lebenswertes Berlin – Brandenburg (ABB) ist ein Zusammenschluss von Berliner und Brandenburger Bürgerinitiativen. Das ABB wendet sich gegen den durch den Flughafen Berlin Brandenburg International (BER) verursachten Fluglärm und die durch den Flugverkehr verursachten gesundheitsschädlichen Folgen. Wir sind der Auffassung, dass Schönefeld für einen Flughafenneubau der falsche Standort war und ist. Deswegen darf der Flughafen BER nur so betrieben werden, wie er geplant und genehmigt worden ist, insbesondere darf er wegen seiner unmittelbaren Stadtnähe nicht zu einem internationalen Drehkreuz ausgebaut werden. Zum Schutze der unmittelbar angrenzenden Wohnbevölkerung und aller Menschen in Berlin und Brandenburg muss ein uneingeschränktes Nachtflugverbot von 22 - 6 Uhr gelten.
Aktionsbündnis BerlinBrandenburg ABBMarkus Sprißler V.i.S.d.P.
Schönefeld: Krach um leiseres Fliegen am BER
11.12.2019
Am BER sollen Lärmentgelte erstmals individuell berechnet werden. In der Branche regt sich bei einigen Fluggesellschaften Protest gegen die Pläne der Flughafengesellschaft.
Schönefeld Mit Inbetriebnahme des neuen Hauptstadtflughafens will die Flughafengesellschaft Berlin Brandenburg (FBB) die Ermittlung der Lärmentgelte reformieren. Als erster Flughafen überhaupt will man jedes Flugzeug individuell abrechnen. Die Höhe des Entgelts soll davon abhängen, wie viel Lärm die Maschine beim Landen und Starten verursacht hat. Bisher werden durch jährliche Messungen Flugzeugtypen in Lärmklassen eingeteilt und so je nach Modell ein pauschales Entgelt in Rechnung gestellt.
„Unser Ziel ist es, ein verursachergerechtes Entgelt zu schaffen. Wir wollen erreichen, dass leiser geflogen wird“, erklärt Kai Johannsen, Leiter Immissionsschutz bei der FBB. Soll heißen: Je leiser ein Flugzeug startet oder landet, desto niedriger ist die Lärmklasse, der das Flugzeug nach dem Start oder der Landung zugeteilt. „Unsere bisherige Systematik hat nicht verhindern können, dass lauter geflogen wird. Jetzt muss die nächste Stufe kommen“, so Kai Johannsen.
Am BER soll also die Motivation für Fluggesellschaften steigen, leiser zu fliegen. Der Bundesverband gegen Fluglärm begrüßt diesen Schritt. „Es ist eine gute Idee, auf die Verursacher des Lärms zu schauen. Das fördert lärmbewusstes und lärmarmes Fliegen“, sagt der Bundesvorsitzende Carl Ahlgrimm.
Anreize für leiseres Fliegen
Die Lärmverringerung könne man ganz unterschiedlich erreichen erläutert Kai Johannsen – etwa über moderne Maschinen, gut ausgetrimmte Flugzeuge aber auch durch veränderte Start- und Landeverfahren. So soll zum Beispiel befördert werden, dass die Flugzeuge im Steilverfahren starten, den Schub also dazu nutzen, um schnell an Höhe zu gewinnen. Vielfach präferieren Fluggesellschaften aber das Flachstartverfahren, bei dem der Schub in Geschwindigkeit umgesetzt wird und die Flieger langsamer aufsteigen.
Neue Lärmklassen und neue Technik
Bereits 2017 hat die Flughafengesellschaft (FBB) eine Konsultation mit den Fluggesellschaften durchgeführt, um die ereignisbezogenen Lärmentgelte einzuführen. Damals scheiterte das Vorhaben wegen zu großer Differenzen. In diesem Jahr hat sie Änderungen eingearbeitet. Diese betreffen:Lärmklassen: Bisher werden Flugzeuge in eine von sieben Lärmklassen eingeteilt. Damit die Sprünge bei der Einzelfallmessung nicht zu groß sind, wird es am BER elf Lärmklassen geben.Entgelte:Bisher bewegen sich die Lärmentgelte zwischen 50 für die leisesten und 7500 Euro für die lautesten Flugzeuge. Künftig wird die Spanne zwischen 40 und 7500 Euro liegen.
Laut FBB kann der von einem Flugzeugtyp erzeugte Lärm eine Differenz von 10dB zwischen dem leisesten und dem lautesten Start- bzw. Landeanflug betragen.
Eine geplante Einzelabrechnung wie am BER ist ein Novum in der Luftfahrtbranche. Allerdings gibt es bereits Flughäfen, wie Brüssel, die Startverfahren im Fughandbuch vorschreiben, um den Fluglärm zu reduzieren.
Der technische Fortschrit führt ebenfalls zu Lärmminderung. Der z.B von Easyjet genutzte A320 neo ist 5dB leiser als sein Vorgängermodell. Lufthansa hat seine A320Flotte mit Wirbelgeneratoren ausgerüstet, die die Lärmentwicklung im Landeanflug um bis zu 4dB vermindern.
Bei den Fluggesellschaften stoßen die sogenannten ereignisbezogenen Lärmentgelte auf ganz unterschiedliches Echo. Easyjet sieht in der Reform den richtigen Weg, um durch die Gebührenstruktur Anreize zu schaffen. „Wir glauben, dass der neue Ansatz ein effizienteres und leiseres Fliegen am Berliner Flughafen fördern wird. Wir sind der Meinung, dass Regierungen und Flughäfen die Fluggesellschaften ermutigen sollten, nachhaltig und mit modernen, leiseren Flugzeugen zu operieren“, teilte eine Unternehmenssprecherin auf MAZ-Nachfrage mit.
Ganz anders bewertet das der Bundesverband der deutschen Fluggesellschaften (BDF). „Die aktuelle Methodik mag den einen oder anderen Schwachpunkt haben. Aber sie ist bewährt und wird an allen anderen Flughäfen in Deutschland und Europa verwendet. Das von der FBB jetzt vorgeschlagene Modell hingegen hat eine Vielzahl von Risiken und Nebenwirkungen für die Anwohner und die Umwelt“, so Geschäftsführer Michael Engler. Er sagt zudem: „Wir lassen uns nicht mit einer Geldersparnis ködern. Die Mehrheit der Fluggesellschaften lehnt es ab.“
Fluggesellschaften und Pilotenvertreter erarbeiten Positionspapier
Der Verband und die Pilotengewerkschaft Cockpit haben ein gemeinsames Positionspapier verfasst, in dem sie unter anderem auf Klimaschutz- und Sicherheitsbedenken hinweisen. Das betrifft beispielsweise die Landeverfahren. „Man sollte Piloten bei ihren standardmäßigen Landeverfahren nicht dadurch ablenken, darauf zu achten, wo sich unter ihnen Messstationen befinden.“ Für eine Lärmreduktion kann auch sorgen, wenn Fahrwerk und die Landeklappen später ausgefahren werden. Viele Piloten versuchen das aber so früh wie möglich zu veranlassen, um einen größtmöglichen Sicherheitspuffer im Anflug zu schaffen, erklärt Michael Engler. „Das ist ein Prozedere, an das die Piloten an jedem einzelnen Flughafen gewöhnt sind. Diese Abläufe hinauszuzögern zehrt am Sicherheitspuffer, den die Fluggesellschaften beibehalten möchten.“
Auch Lufthansa übt Kritik am Vorhaben der FBB, insbesondere an den veränderten Startverfahren. „Die Folge wären erhöhte CO2-Emissionen und eine breitere Lärmverteilung. Zudem wäre ein solches Berechnungsmodell mit Blick auf Sicherheitsaspekte nachteilig“, so eine Sprecherin.
Dass die neue Kostenstruktur zur unsicherem Flugmanövern führe, verneint Kai Johannsen von der FBB. „Wegen 50 Euro Ersparnis wird da keiner ein Risiko eingehen.“ Das größte Lärmeinsparungspotenzial sieht er sowieso beim Start der Maschinen. Zur Abwägung zwischen Steil- und Flachstartverfahren sagt er: „Beides sind seit Jahren zugelassene und empfohlene Startverfahren. Beide werden auch heute schon täglich an den Berliner Flughäfen angewendet.“ Dabei räumt er ein, dass das Steilstartverfahren einen etwas höheren CO2-Ausstoß mit sich bringt, dies in Abwägung mit dem besseren Lärmschutz vertretbar sei.
Welches Startverfahren an einem Flughafen am sinnvollsten ist, hänge vom Grad der Besiedlung des Umfelds ab, erklärt Carl Ahlgrimm. „Für Orte, die sich direkt unter dem Abflug befinden, ist jeder Meter, der an Höhe gewonnen wird von Vorteil.“ Der BDF befürchtet indes, dass durch den schnelleren Aufstieg neue Lärmbetroffene geschaffen werden könnten.
Neue Messstellen in der Region
Wie hoch der Lärm sein wird, werden drei aufeinanderfolgende Messstellen erfassen. Dafür werden in den kommenden Monaten die bisher mehr als 20 Messpunkte um weitere sechs ergänzt, fünf davon werden im Bereich der Südbahn entstehen. Carl Ahlgrimm von der Bundesvereinigung gegen Fluglärm bewertet das als gute Möglichkeit, die unterschiedlichen Flugverfahren auszuwerten.
Den Fluggesellschaften fehlen dagegen valide Grundlagen für die Neuerung. Man bräuchte zuerst Erfahrungswerte des alten Entgeltsystems am neuen BER, da dort durch neue Flugrouten und den Parallelbetrieb der Nord- und Südbahn ganz andere Voraussetzungen bestünden als es heute in Schönefeld der Fall ist, so Michael Engler. „Man müsste zuerst eine Null-Linie definieren. Dann kann man sich sicherlich in einem Dialog zusammensetzen.“
Die FBB will noch in diesem Jahr ihr Konzept einreichen. Rund fünf Monate wird es dauern, bis das Infrastrukturministerium geprüft hat, ob das Vorhaben rechtlich Bestand hat. Erteilt es grünes Licht, hat sich der BDF auf eine Klage eingestellt. „Wir behalten uns rechtliche Schritte gegen die Genehmigungsbehörde beziehungsweise die Flughafengesellschaft vor“, so Michael Engel. „Das wird dann das erste Mal sein, dass ich die Flughafengesellschaft in einem Prozess gegen die Airlines voll unterstützen werde“, kündigt Carl Ahlgrimm bereits an.
Von Nadine Pensold
Flugverkehr in Deutschland: Gefahrenzone Luftraum
Stand: 10.12.2019
Annäherungen auf wenige Meter und Beinahezusammenstöße: Der Luftraum über Deutschland ist gefährlich. Das zeigen Daten der Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung. Ein Grund: immer mehr Flugverkehr.
Von Lea Busch und Peter Hornung, NDR
In den vergangenen vier Jahren ist es im Luftraum über Deutschland zu über 170 potenziell gefährlichen Annäherungen von Luftfahrzeugen gekommen. Das zeigen Zahlen der Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung (BFU), die dem NDR vorliegen. Dabei handelt es sich in der Mehrzahl um Alarme von Kollisionswarnsystemen, die Verkehrspiloten zur sofortigen Kursänderung auffordern. In anderen Fällen wurden gefährliche Annäherungen und Beinahezusammenstöße von den Piloten beobachtet, ohne dass sie zuvor gewarnt worden wären.
Luftfahrtexperten gehen davon aus, dass die Gesamtzahlen noch höher sind, weil Meldungen auch bei anderen für die Luftfahrt zuständigen Behörden eingehen. Zudem gebe es eine erhebliche Dunkelziffer nicht gemeldeter Zwischenfälle. Die Gründe für gefährliche Annäherungen seien vielfältig: immer mehr Flugbewegungen, inkompatible Kollisionswarnsysteme großer und kleiner Flugzeuge, fehlende Funktechnik bei Privatfliegern, aber auch Verkehrspiloten, die aufgrund des Zeitdrucks Abkürzungen durch mit Segelfliegern gemeinsam genutzte Lufträume nehmen.
Immer wieder kommt es auch im sogenannten gemischten Luftraum, einer von großen wie kleinen Flugzeugen genutzten Zone in der weiteren Umgebung von Verkehrsflughäfen, zu solchen Zwischenfällen. So gab es im Jahr 2018 alleine in Nordrhein-Westfalen im Umfeld der Flughäfen Weeze und Paderborn in mindestens acht Fällen Annäherungen zwischen Verkehrsflugzeugen und Segelfliegern, bei denen Passagiermaschinen in einzelnen Fällen mehrmals ausweichen mussten, um einen Zusammenstoß zu verhindern.
Gefährliche Annäherung mit Passagierflugzeug
Am 23. Juli 2019 verfehlten sich in Schleswig-Holstein südlich von Lübeck ein Airbus A 321 der Lufthansa und ein Segelflugzeug nur um wenige Meter. "Plötzlich tauchte neben mir ein großer Schriftzug 'Lufthansa' auf, in etwa 40 bis 60 Metern Entfernung", beschreibt die betroffene Segelflugpilotin im NDR-Politmagazin Panorama 3 die Begegnung mit der mit 175 Menschen besetzten Maschine im Anflug auf den Hamburger Flughafen.
Ein vorläufiger Untersuchungsbericht der BFU geht davon aus, dass sich sowohl die Segelfliegerin als auch der Lufthansa-Pilot in dem betreffenden Luftraum aufhalten durften. Beide Flugzeuge hatten sich offenbar jedoch aufgrund unterschiedlicher Warnsysteme zuvor nicht wahrnehmen können. Das Segelflugzeug konnte zudem aufgrund fehlender technischer Ausstattung weder von der Lufthansa-Maschine noch vom Fluglotsen auf dem Radar erkannt werden. Ein Lufthansa-Sprecher teilte hierzu mit, man unterstütze bei solchen Vorfällen im Flugbetrieb die Untersuchungsarbeit der zuständigen Stellen, möchte dem Ergebnis aber nicht vorgreifen.
"Das hätte auch krachen können"
Christoph Strümpfel vom Institut für Luft- und Raumfahrt der TU Berlin sieht als einen wichtigen Grund für solche Zwischenfälle den zunehmenden Flugverkehr: "Der deutsche Luftraum ist einer der meistfrequentierten Lufträume in Europa." Man setze gerade in gemischten Lufträumen, wo Verkehrsflugzeuge mit Privatfliegern zusammenträfen, auf das fliegerische Prinzip "Sehen und ausweichen", das aber nicht selten an seine Grenzen komme. Strümpfel sieht den Gesetzgeber in der Pflicht, hier strengere Regeln zu erlassen.
Felix Gottwald von der Vereinigung Cockpit hält die Gefahr einer Kollision zwischen einer Passagiermaschine mit einem kleineren Flugzeug für absolut realistisch: "Es erstaunt mich schon, dass da noch nichts passiert ist, weil wir genügend Berichte haben, wo es eben ganz knapp war, wo Flugzeuge nur per Zufall aneinander vorbeigeflogen sind. Das hätte auch krachen können. Von daher ist es nur eine Frage, wann so etwas passiert und nicht ob."
Herbert Märtin vom Deutschen Segelflugverband kritisiert die Verkehrspiloten, die aus Zeitdruck immer häufiger auch auf gemischte Lufträume auswichen, obwohl ihnen sichere, kontrollierte Lufträume zur Verfügung stünden: "Gewisse Aufholeffekte im Flugplan der Airlines dürfen nicht auf Kosten der Sicherheit gehen, indem der geschützte Luftraum für den kommerziellen Luftverkehr verlassen wird." Märtins Verband setzt gerade mit Blick auf die Einführung des neuen Mobilfunkstandards 5G auf technische Neuerungen, "die hier weitere Verbesserungen schaffen werden".
Sorge vor Überlastung der Funkfrequenz
Eine von der BFU bereits vor zwei Jahren geforderte Pflicht zur Ausrüstung aller Luftfahrzeuge mit sogenannten Transpondern, also Sendern, die die Position und den Kurs eines Flugzeuges ausstrahlen, wird von den meisten Experten jedoch kritisch gesehen. Die Deutsche Flugsicherung hatte Anfang 2019 durch eine Simulation festgestellt, dass dies zu einer Überlastung der Funkfrequenzen führen würde und der Flugsicherheit eher schade. Das Bundesverkehrsministerium teilte auf NDR-Anfrage mit, dass es die Thematik derzeit zusammen mit Experten untersuche: "Als Teil der Flugsicherheitsarbeit werden die relevanten Punkte für eine mögliche Umsetzung identifiziert und betrachtet."
Flugscham: Umpacken im Kopf
Von Andreas Spaeth -Aktualisiert am 09.12.2019
„Klimaneutral“ ist das neue „billig“ in der Luftfahrt – aber ob das mit Verboten, Anreizen oder Bäumepflanzen erreicht wird, ist unklar.
Früher ging es in Diskussionen über das Fliegen meist um Fluglärm, manchmal um Sicherheit, vor allem aber um billige Tickets. Im Laufe des Jahres 2019 als „Flugscham“ innerhalb weniger Monate plötzlich zum buchstäblich geflügelten Begriff wurde hat sich das gründlich gewandelt. Kein Tag vergeht derzeit ohne dass eine Fluggesellschaft neue hehre Vorhaben verkündet um das Fliegen angeblich klimafreundlicher oder gar klimaneutral zu machen. „Nachhaltig“, „CO2-neutral“ oder „verantwortungsbewusst“ sind die meistgenannten Begriffe in diesem neuen Wettstreit.
Klar ist: Fliegen ist verdammt schädlich für das Klima. Auch wenn es mit knapp drei Prozent nur einen kleinen Anteil am weltweiten Ausstoß des Treibhausgases CO2 erzeugt liegt das Problem vor allem im stetigen ungebremsten Wachstum der Luftfahrt, trotz aller kritischer Diskussionen, und der Tatsache dass Emissionen in großer Höhe stattfinden. Außerdem reden alle immer nur von CO2, dabei stoßen die Triebwerke noch ganz andere unheilvolle Dinge wie Stickstoff aus und erzeugen Kondensstreifen, die den Treibhauseffekt noch verstärken. Wir fliegen immer noch viel zu viel, auch wenn etwa in Deutschland und den Vereinigten Staaten nicht einmal die Hälfte der Bevölkerung in ein Flugzeug steigt, der Rest dafür aber umso häufiger. Und damit das Gewissen beruhigt wird, bieten Airlines und Touristikbranche immer mehr Möglichkeiten die Auswirkungen zumindest abzumindern.
Seit Mitte November zum Beispiel zahlt man beim großen Billigflieger easyJet bei allen Flügen die Kompensation gleich mit. Rund 30 Millionen Euro plant die Gesellschaft mit wichtigstem deutschen Standort Berlin pro Jahr ein, um pauschal den gesamten CO2Ausstoß ihrer Jets zu kompensieren. Der easyJet-Kunden muss mit vermeintlicher Rundum-Kompensation nicht extra zahlen und bemerkt keine Mehrbelastung, denn verteuert werden die Tickets trotzdem nicht, sagt die Gesellschaft. „Greenwashing“ – also sich vermeintlich als umweltfreundliches Unternehmen zu präsentieren – dieser Vorwurf kam von Medien und Umweltorganisationen. Aber immerhin, so erkannten andere an, handle der Billigflieger überhaupt. Auch bei Air France sind ab Januar alle Inlandsflüge automatisch kompensiert. Das solle im Jahr 2020 40 Millionen Euro kosten.
Echte Kompensation kostet soviel wie der Flug selbst
Die Airlines haben gelernt, dass mit den schon lange und meist versteckt angebotenen Möglichkeiten zur Ausgleichszahlung wenig erreicht wird – bei Lufthansa und anderen Anbietern lag die Quote der freiwillig kompensierenden Kunden bisher bei unter einem Promille. Die Idee der Kompensation, von Kritikern gern als „Ablasshandel“ bezeichnet, ist meist Bäume zu pflanzen oder energieeffiziente Öfen in Afrika zu subventionieren.
Handlungsbedarf sah auch das deutsche Flugportal Flyla, vor einem Jahr von Studenten in München gestartet, das damit wirbt, als erster Flugverkäufer alle Flüge generell voll zu kompensieren. „Unsere Zielgruppe sind vor allem Studenten und die legen großen Wert darauf“, sagt Gründer Fabian Höhne. Man könne die Verantwortung nicht wie bisher allein auf den Kunden abwälzen, gleichzeitig aber sei das Thema sehr schwierig zu vermitteln. Deshalb fährt Flyla zweigleisig – zum einen fördert es zertifizierte nachhaltige Projekte wie etwa den Bau energieeffizienter Wasser- und Kraftwerke in Afrika und Asien. „Weil aber das Thema über Bäume sehr viel greifbarer ist pflanzen wir über eine NonProfit-Organisation zusätzlich für jede Buchung Bäume etwa in Nepal oder Madagaskar, eine bei Kurz-, zwei bei Mittel- und drei bei Langstreckenbuchungen“, so Höhne. Die Mittel dafür sind bei Flyla Teil des Marketingbudgets – absolut folgerichtig – denn, wie das Branchenportal aero.de schreibt: „,Nachhaltig‘ ist das neue ‚Billig‘ im Airline
Marketing.“ Es geht nicht darum, weniger zu fliegen oder im Inland Zug zu fahren. Bei Flyla kostet im Studentenangebot der einfache Flug München-Berlin nur 43 Euro, inklusive ein bis zwei Euro für den Klimaausgleich – viel zu billig um die tatsächliche Umweltbelastung auszugleichen. Bei einer Buchung für Nicht-Studierende von Hamburg nach New York und zurück vor Weihnachten, Endpreis 668 Euro, entfallen etwa 20 Euro auf die Kompensation, außerdem werden drei Bäume gepflanzt.
Wie wenig wirksam solche Minibeträge sind lässt sich neuerdings relativ schonungslos herausfinden, und zwar auf einem dem Greenwashing völlig unverdächtigen Portal. Das neue Angebot Compensaid.com wird nämlich von Lufthansa betrieben, ist aber für alle Linienflüge anwendbar. Hier kann der Passagier mit Flugnummern und Buchungsklasse seine Reise eingeben und dann per Schiebeschalter entscheiden, wie lange es dauern soll bis die entstehende CO2-Emission kompensiert ist. Und zwar auf der linken Seite des Schiebers mit dem Kauf von CO2-neutralem synthetischem Bio-Treibstoff, der heute erst in kleinen Mengen verfügbar und mindestens dreimal teurer ist als übliches Kerosin. Und auf der rechten Seite mit dem Pflanzen von Bäumen. Für die von Flyla für 20 Euro angeblich kompensierten Flüge weist Compensaid eine Emission von 1,38 Tonnen CO2 aus. Die lassen sich entweder innerhalb von 20 Jahren kompensieren wenn man für 27,64 Euro Bäume pflanzt. Oder sofort, wenn der Reisende für 674,98 Euro nachhaltigen Biosprit kauft. Der Flugpreis kommt noch hinzu und somit zahlt man mehr als das doppelte als bei Flyla der Flug inklusive angeblicher Kompensation kostet.
Sinnlose Extra-Flüge durch den Vielfliegerstatus
Aber auch Compensaid berücksichtigt keinerlei Nicht-CO2-Effekte der Flüge. Generell tobt ein Streit zwischen Umweltaktivisten und der Luftfahrtbranche darüber, was überhaupt eine Tonne CO2 kosten soll. Viele Anbieter rechnen eine Tonne gleich ein Euro, Ausgleichs-Portale wie Atmosfair setzen allerdings 23 Euro pro Tonne an. Da leuchtet die Kritik ein, der sich EasyJet gerade aussetzen muss: Für die angebliche Kompensation werden künftig gerade mal etwa 30 Cent pro Passagier aufwendet.
In der Diskussion um nachhaltigeres Fliegen kamen die weit verbreiteten Vielfliegerprogramme bislang kaum vor. Sie veranlassen viele Geschäftsreisende zu völlig sinnlosen Extra-Flügen, den „Mileage Runs“, nur um ihren Vielfliegerstatus zu erhalten. Allein beim deutschen IT-Riesen SAP gibt es weltweit bis zu 40.000 Vielflieger, von denen manche umgerechnet bis zu 45 volle Tage pro Jahr im Flugzeug sitzen und dabei 200 Flüge absolvieren – es erinnert an George Clooney in „Up in the Air“. „Bei 20 Prozent unserer Mitarbeiter besteht ein klares Suchtpotenzial nach Vielfliegermeilen. Bei uns im Konzern wird noch viel zu viel geflogen und diese Programme sind dabei wirklich ein Problem, mehr Nachhaltigkeit durch weniger Flüge zu erreichen“, räumt Marcus Wagner ein, Projektleiter für Nachhaltigkeit bei SAP.
Da hilft es auch nicht, dass Mitglieder von Miles & More, dem Vielfliegerprogramm der Lufthansa-Gruppe, neuerdings Meilen spenden können um damit ökologische Stromerzeugung im Amazonas zu fördern. „Wir lassen die Mitarbeiter jetzt intern eine CO2-Abgabe zahlen und überlegen, eine Art eigenes Prämiensystem einzuführen für Leute die nicht fliegen“, erklärt Marcus Wagner seine Versuche gegenzusteuern. Anderswo sind die Diskussionen schon viel radikaler: Der Chef des Billigfliegers Wizz Air forderte ein Verbot der klimaunfreundlicheren Business Class. Und im britischen Wahlkampf wird derzeit eine Vielflieger-Steuer diskutiert, die mit jedem weiteren Flug ansteigt und gleichzeitig Familien das Vergnügen ihres jährlichen Urlaubsflugs unbesteuert lässt. Sogar ein Verbot von Privatjets, den größten Emissionsschleudern unter den Flugzeugen, wird in England gefordert. Kein Wunder dass sich etliche Vielflieger am Ende des Jahres 2019, das so viel verändert hat in der Wahrnehmung, kaum noch trauen, ihre Gold- oder Platinkarten demonstrativ am Rollenkoffer zur Schau zu stellen. Noch vor kurzem waren das ultimative Statussymbole.
Flughafen BER - Kosten steigen weiter
Mitarbeiter- und Baupreise höher als erwartet
9. Dezember 2019
Der Pannen-Hauptstadt-Flughafen sprengt nun noch mehr die Kosten, als ursprünglich geplant. Wenigstens der Eröffnungstermin steht - oder?! Wofür doch noch mehr Geld benötigt wird, erfahren Sie hier:
BER: Kosten werden immer höher
Nachdem der Flughafen BER bereits 2011 eröffnet werden sollte und sich die Termine immer und immer wieder verschoben haben, soll nun die angeblich endgültige BEREröffnung feststehen: es ist der 31. Oktober 2020.
Jetzt soll nicht nur der geplante Baupreis ansteigen, sondern auch Kosten für die erforderlichen Mitarbeiter. Flughafen-Chef Engelbert Lütke-Dalrup sprach von ungefähr 200 Mitarbeitern, die zusätzlich benötigt werden würden, „um den BER sicher betreiben zu können.“ Die Gründe dafür lägen beispielsweise in den Auflagen des Land Brandenburgs bzgl. Brandschutz-Maßnahmen.
Die Finanz-Geschäftsführerin Heike Fölster äußerte sich wie folgt dazu: „Wir sind in dem Prozess der Aufstellung eines neuen Businessplans“. Bisher seien 508 Millionen Euro an zusätzlichen Kosten kalkuliert, jedoch fehlten in dieser Planung noch die Kosten für die Fertigstellung des Hauptterminals in der Höhe von 212 Millionen Euro sowie 60 Millionen Euro für weitere Ausbauarbeiten. Die allgemeinen, zusätzlichen Kosten belaufen sich nun ca. auf 792 Millionen Euro.
Wie unglaublich dieser Flughafen die Millionen förmlich verschlingt können Sie hier (https://www.flughafen-berlin-kosten.de/) live mitverfolgen.
Märkische Allgemeine - Potsdamer Tageszeitung vom 02.12.2019,
Seite 8
BER: Steigende Kosten, neue Routen und gedämpfte Freude
Flughafenchef Engelbert Lütke Daldrup hat bereits abgewunken: Wenn es nach ihm geht, wird es keine Eröffnungsparty am 31. Oktober 2020 geben. Dann sollen die ersten Maschinen am neuen Flughafen BER in Schönefeld (Dahme-Spreewald) landen - neun Jahre später als einst geplant.
Sicher, irgendein Zeremoniell wird es geben, irgendein Band wird zerschnitten werden, vielleicht spielt eine Kapelle " Über den Wolken" oder " An Tagen wie diesen" . Aber auch Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) hält wenig von einer großen Sause. Aus zweierlei Gründen. Erstens lädt die Mark bereits wenige Wochen zuvor zur Megaparty. " Brandenburg richtet am 3. Oktober 2020 das zentrale Einheitsfest aus. Wir rechnen mit einer halben Millionen Gäste. Das wird ein Fest" , sagte Woidke der " Märkischen Oderzeitung" .
Die Eröffnung des BER am Reformationstag soll dagegen "würdig und bescheiden begangen werden" , so Woidke. "Eine große Feier würde ich nicht mitmachen. Das passt nicht. Das Projekt hat einfach zu viele Nerven gekostet."
Damit hat er wohl recht. Schwänzen will Woidke den Eröffnungstermin aber dennoch nicht. " Ich habe hier in meinem Büro so viel Zeit mit dem BER verbracht, dass ich mir vor der Landtagswahl gesagt habe: Schon deshalb lohnt es sich, die Wahl zu gewinnen, um dann auch dabei sein zu können. Aber märkisch kurz und knapp."
Eine Feier in Demut ist nicht nur wegen der langen Bauzeit angebracht, sondern auch wegen der Kosten des Projekts, die bei mehr als sieben Milliarden Euro liegen dürften. Wie die " Bild am Sonntag" erfahren haben will, benötigt die Flughafengesellschaft für den Finanzierungsplan 2021 bis 2024 noch einmal fast 300 Millionen Euro mehr als bislang veranschlagt. So fehlen für die Fertigstellung des Terminals noch 212 Millionen Euro an Nachlaufkosten. Außerdem bestehe ein Mehrbedarf von rund 60 Millionen Euro für den sogenannten Masterplan 2040, das Ausbauprogramm des Flughafens.
Die Zeitung beruft sich auf einen vertraulichen Bericht an die drei Gesellschafter Berlin, Brandenburg und Bund. Demnach waren bislang für den Zeitraum 508 Millionen Euro vorgesehen. Jetzt liege der Finanzbedarf aber bei 792 Euro. Dem Bericht zufolge reagierten die Gesellschafter verärgert über den Mehrbedarf und forderten die Geschäftsführung zur Nacharbeit auf. Die Finanzen dürften den Aufsichtsrat auch bei der Klausurtagung Ende Januar beschäftigen.
Am Freitag hatte Flughafenchef Engelbert Lütke Daldrup dem Gremium einen neuen Eröffnungstermin genannt. Am 31. Oktober 2020 sollen abends die ersten Maschinen am BER landen. Die ersten Starts sind dann für Sonntag, 1. November geplant.
Nach der Eröffnung könnte es auch noch einmal Änderungen an Teilen der umkämpften Flugrouten geben, das deutete die Deutsche Flugsicherung (DFS). Die DFS hatte bereits im März 2012, kurz vor der gescheiterten Eröffnung, ihr Kontrollzentrum im Tower am BER in Betrieb genommen. Der Verkehr für den Schönefelder Flughafen wird von hier aus kontrolliert. Seit der ursprünglich geplanten Inbetriebnahme vor acht Jahren hätten sich die Rahmenbedingungen am BER aber erheblich gewandelt: So sei der Luftverkehr um 20 Prozent gestiegen, das Passagieraufkommen sogar um fast 40 Prozent. Um lange Rollwege und Bahnkreuzungen am BER zu vermeiden, müssen die Maschinen in der Luft vorsortiert werden. " Dies macht die tägliche Arbeit der Fluglotsen deutlich komplexer" , sagte DFS-Chef Klaus Dieter Scheurle. " Wir werden deshalb das erste Jahr auch nutzen,
um Erfahrungen zu sammeln. Dort, wo es notwendig ist, werden wir dann Betriebsverfahren anpassen."
Ob das aber nennenswerte Auswirkungen auf die Flugrouten haben wird, ist offen. Sie waren 2012 nach langen Diskussionen und heftigen Protesten festgelegt worden.
Mit der Inbetriebnahme des BER werden die Lotsen den Verkehr auf zwei Bahnen lenken müssen. Die nördliche BER-Piste entspricht der Bahn des bestehenden Schönefelder Airports. Die neue Südpiste will Flughafenchef Lütke Daldrup am 4. November 2020 erstmals befliegen lassen. Dieses Detail ist für die Schließung des Tegeler Flughafens von Bedeutung. Denn der BER gilt dann als eröffnet, wenn die Südbahn in Betrieb geht. Ab dann beginnt der Countdown für Tegel: Genau sechs Monate später erlischt seine Betriebserlaubnis.
Zitat-Text: Eine große Feier würde ich nicht mitmachen. Das passt nicht.
Dietmar Woidke (SPD), Ministerpräsident
Torsten Gellner